VII. VORMARSCH AUF DIE BEFESTIGUNGEN VON LENINGRAD | Перевод |
VIII. EINBRUCH IN DIE BEFESTIGUNGEN VON LENINGRAD 9.9.1941 bis 24.9.1941 | Перевод |
IX. DURCHBRUCH DURCH DIE LETZTE SCHUTZSTELLUNG VON LENINGRAD | Перевод |
Friedrich Husemann
Die gute Glaubens waren
Geschichte der SS-Polizei-Division
(4. SS-Polizei-Panzer-Grenadier-Division)
Band 1
1939-1942
3. Auflage NATION EUROPA Verlag, Coburg, 1999.
ISBN 3-920677-35-3
IX. DURCHBRUCH DURCH DIE LETZTE SCHUTZSTELLUNG VON LENINGRAD
Gliederung
der Pz.-Gruppe 4 (Hoepner) für den Angriff auf Leningrad
Als letztes Bollwerk
des äußeren Verteidigungsgürtels um Leningrad ist nun auch
Krassnogwardeisk gefallen. Dieser Gürtel, der rund 40 Kilometer vom Zentrum
der Stadt in einem südlichen Halbkreis verlief (von der Tossnamündung
durch die Ishorka-Niederung, Jam Ishora, Annalowo, entlang der Ishora bis
Lukaschi, südlich ausholend dann um Krassnogwardeisk und über Kolmolowo,
Ropscha [Wyssozkoje] nach Peterhof) ist überall durchbrochen.
Die 1. Schutzstellung
existiert nur mehr in Teilstücken. Die 2. Schutzstellung, die es jetzt
zu durchbrechen gilt, verläuft um Kolpino, Ssluzk, Puschkin, Ontolowo,
Taizy, Duderhof, Krassnoje Sselo, Innolowo nach Strelna an der Kronstädter
Bucht. Sie ist durchweg 25 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. In dieser
letzten Schutzstellung sind zweifellos die Duderhofer Höhen am stärksten
befestigt. Im übrigen ist auch diese Linie mit riesigen Panzergräben
ausgestattet, mit natürlichen Panzerhindernissen versehen, wie am Steilufer
der Ishora zwischen Jam Ishora und Annalowo, und mit Hunderten von Bunkern
bis zum stärksten Betonbunker mit eingebauten Geschützen. Wie all
das mit sicherem Gefühl für Tarnung in die Landschaft eingebettet
war, hatte die Division bei Luga erlebt und erlebte es jetzt wieder vor Krassnogwardeisk.
Wie stark teilweise diese Bunker waren, sahen wir bei der AA, als sie Bol.
Kalpano nahm: 100 bis 150 cm dicke Betonwandung. Und die oft beachtliche Größe:
ein dreistöckiger Betonbunker wurde neben 27 anderen Betonbunkern allein
von den Pionieren des Polizei-Pionier-Bataillons genommen. Der Einsatzraum
der Panzergruppe 4 war seit dem 8. September erweitert worden — vor allem
nach Osten. Die unangenehme „Lücke" in den Sümpfen am Oredesh,
dann ostwärts Wyriza, Ssussanino, Ssemrino bis nach Antropschino besteht
zwar noch immer, doch zeichnet jetzt wenigstens jemand für sie verantwortlich.
Mit einem Kunstgriff war die Naht jetzt theoretisch beseitigt: das Generalkommando
XXVIII. AK mit den Divisionen 96. und 121. ID kam zur Pz.Gr. 4, und vom Gen.Kommando
XXXIX. AK wurde die
105
Die Schlacht um Leningrad
vom 8. bis 17. September 1941
linke Flügeldivision,
die 122. ID, ebenfalls der Pz.Gr. 4 unterstellt. Letztere am 10. September.
Beim Angriff von Wyriza nach Norden auf Ssussanino standen für kurze
Zeit (5. bis 7. 9. 41) ein Inf.-Regiment und eine Abteilung Artillerie der
SS-Polizei-Division rechts der rechten Flügeldivision des L. AK. „Unter
Abdeckung der rechten Flanke" mußte dort der Kampf geführt
werden. Wie sehr das die Stoßkraft schwächt und unter Umständen
den angestrebten Erfolg von vornherein zunichte machen kann, wurde dort spürbar.
Im Halbkreis etwa stehen jetzt die Divisionen zwischen den beiden aufgezeigten
Schutzstellungen oder haben sogar die letzte schon durchbrochen. Seit dem
11. September sind die Duderhofer Höhen von Divisionen des XXXXI. Panzerkorps
genommen. Von West über Süd nach Ost stehen nebeneinander: 36. ID
(mot.), 1. Pz.Div., 6. Pz.Div., SS-Pol., 269. ID, 121. ID, 96. ID, 122. ID.
Davon gehören die ersten drei dem XXXXI. Pz.-Korps, die SS-Pol.Div. und
269. ID dem L. AK und die letzten drei dem XXVIII. AK an.
106
Am 17. September 1941 übernimmt die
18. Armee den Abschnitt der Panzergruppe 4 mit XXVIII.,
L. und XXXXI. AK.
Vorstoß
auf Leningrad 22.6.1941 bis 24.9.1941
Die letzte Eintragung im Heereskalender
der 18. Armee dazu lautet: „20. 9. 41 XXXXI. AK gibt Befehl ab und scheidet
aus." Heute wissen wir, was das damals bedeutete, daß die 18. Armee
den Abschnitt übernahm und die Panzerdivisionen abgezogen wurden. Außer
den Kommandierenden Generalen wußte nämlich niemand, daß
am 12. September schon die Entscheidung darüber gefallen war, daß
Leningrad nicht eingenommen, sondern nur „abgeschirmt" werden sollte.
Es ist müßig, über das „Was-wäre-wenn" nachzudenken.
Eines aber soll doch gesagt werden: Vom General bis zum letzten Mann aller
im „Ring" stehenden Divisionen gab es zu dieser Zeit nur eine Überzeugung:
wir wollen und wir können das gesteckte Ziel nehmen!
Am Sonntag, dem 14. September, war keine
Feuertätigkeit gemeldet. Stellungswechsel wurde vorbereitet. Doch der
Befehl ließ auf sich warten. Dafür traf Marketenderware ein, die
mit Rotwein und Kognak für einen fröhlichen Nachmittag sorgte. Wie
oft in solchen Fällen, wurde die Freude jäh unterbrochen. Der Fernsprecher
Conrad von Malottki lief gegen 19.00 Uhr auf eine der vielen tückischen
Holzkastenminen und verstarb an seinen Verwundungen. Alle Kunst des Stabsarztes
Dr. Ferster, der sich im Minenfeld um ihn bemühte, war umsonst. An der
Straßenspinne nördlich Krassnogwardeisk fand unser junger Kamerad
sein Grab.
Unsere Panzer waren gut vorangekommen.
Bei Anbruch der Dunkelheit wurde Stellungswechsel befohlen. Wieder ging es
auf die Rollbahn Richtung Leningrad.
Die ganze Nacht waren
wir unterwegs. Und nur wenige Stunden wurde an der Rollbahn biwakiert. Es
war empfindlich kalt geworden. Weitermarsch um 05.00 Uhr morgens. Der Kommandeur
der I./Pol. AR fuhr mit den Batteriechefs zur Erkundung neuer Feuerstellungen
voraus. Gegen 07.00 Uhr des 15. 9. fuhr die Abteilung bei Kowrowo zur Vorbereitung
des Angriffs auf Puschkin, dem alten Zarensommersitz Detschkoje-Sselo, in
die Feuerstellung ein.
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Am Nachmittag des Vortages
des 14. Septembers gruben in Nikolajewka, 20 Kilometer südwestlich von
Krassnogwardeisk, die Männer einem anderen Kameraden ein Soldatengrab.
Hier, wo ein Feldlazarett war, trugen sie den Kommandeur des 2. Regiments,
den SS-Brigadeführer, Generalmajor der Polizei und Ritterkreuzträger
Hans Christian Schulze zu Grabe. Der letzte Satz des Divisionstagesbefehls
vom 11. 9. 41 läßt den Schluß zu, daß Oberst Schulze
an dem Tag schon im Feldlazarett lag, weil der Divisionskommandeur ihm auch
die Grüße seines Regiments überbrachte, das wieder einmal
in härtestem Kampf lag. Am Tage der Eroberung der Stadt, am 13. September,
starb Christian Schulze an den Folgen seiner Verwundung. So, wie damals bei
Luga, als er in vorderster Front vorwärtsstürmend die Luga-Über-gänge
erreichte und persönlich das Zündkabel an der zur Sprengung vorbereiteten
Hauptbrücke abriß, so behielt ihn sein Regiment in Erinnerung —
als einen Mann, der vorne führte. Seit 1912 schon war er Soldat gewesen,
im Ersten Weltkrieg Zugführer und Kompanieführer, Bataillons-, Regiments-
und Brigadeadjutant, und er hatte sich beide Eiserne Kreuze und den Hohenzollern-Hausorden
erworben. Nach dem Zusammenbruch 1918 war er von der Armee zur Polizei übergetreten.
Lange Zeit war er Abschnittskommandeur der Landespolizei Hamburg. Nach Überführung
der Landespolizei in die Wehrmacht gehörte er als Oberstleutnant dem
IR 47 an. Von hier aus wurde er dann wieder zur Polizei berufen und übernahm
bei der Polizei-Division die Aufstellung und Führung des 2. Regiments.
Seine Kameraden werden ihn nicht vergessen.
Zwischen Ishora und
Ssuida
Das 3. Regiment, das durch seinen Vorstoß
durch Krassnogwardeisk am 13. 9., gegen 10.00 Uhr, die Straßengabel
am Nordrand erreichte, womit die Rollbahn für weitere Operationen geöffnet
wurde, durfte selbst nicht auf dieser Rollbahn weitermarschieren. Es bekam
den Befehl, nach Osten abzuschirmen und mußte wieder zurück, nachdem
der größte Teil in der Nacht zum 14. 9. 41 im Ort biwakiert hatte.
Früh am Morgen
marschierte das Regiment nach Südosten, nach Pishma/Pustoschka, um Kräfte
der 269. ID abzulösen. Diese Divi-
sion hatte mit
Masse am Vortag Krassnogwardeisk passiert, Brücken über den Ishora-Abschnitt
unversehrt in die Hand bekommen und marschierte auf der Straße Krassnogwardeisk—Romanowo—Ontolowo.
„269. ID beabsichtigt, am 14. 9. 41 mit
Masse auf Puschkin vorzustoßen und mit einer verstärkten Regimentsgruppe
den äußeren Befestigungsring von Petersburg von Romanowo nach Osten
bis zur Korpsgrenze aufzurollen."
Das sind die Stellungen
im Bereich der 1. Leningrader Schutzstellung zwischen (Romanowo) Kekkelowo—Lukaschi—Mondelewo—Antropschino—Annalowo
entlang der Ishora. Sie scheinen offensichtlich noch intakt.
Daß dieses beabsichtigte
Aufrollen bis zur Korpsgrenze dann Aufgabe des 3. Regiments der Polizei-Division
wurde, war an diesem 14. September noch nicht bekannt. Beim konzentrierten
Kampf um Krassnogwardeisk war die „Lücke rechts" anscheinend völlig
vergessen worden.
Nun war sie plötzlich um so bedrohlicher wieder da. In den Wäldern und Sümpfen
um Wyriza—Ssussanino—Ssemrino, in denen sich tagsüber keine Bewegung
zeigte, wimmelte es nachts. Eine unsichtbare Armee schob sich Stück um
Stück nach Norden — auf eine Schleuse zu. Zwischen Romanowo und Antropschino
fließt die Ishora in einem südlichen Halbkreis nach Norden. Hier
liegen jene befestigten Höhenrücken, von denen bereits die Rede
war, nämlich am 6. 9. beim Rgt. 1, wo es bereits geheißen hatte,
daß der Feind mit dem Ausweichen nach Norden begonnen habe entlang der
Eisenbahnlinie Ssemrino—Ssluzk, „im schwer gangbaren und minenverseuchten
Zwischenfeld zeitweise Widerstand leistend".
An dem West-Ost-Zwischenstück der
Ishora mit Wäldern und Mooren, zwischen Antropschino und Annalowo, scheint
die „Schleuse" zu liegen. Beim Gegner gehört dieser Bereich zur
55. sowjetischen Armee, der bis zur Tossna-Mündung reicht. Westlich Puschkin
beginnt der Abschnitt der sowjetischen 42. Armee. Um das Geschehen der nächsten
Tage, den vornehmlich in Ost-West-Richtung geführten Kampf der 269. ID
und der einzelnen Teile der Division verstehen zu können, muß noch
die Lage jenseits der „Lükke" betrachtet werden. Dort war auf der
Rollbahn Moskau—Petersburg vorgehend die 12. Panzerdivision des XXXIX. Panzerkorps
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bei Jam Ishora vor
der Brücke zum Stehen gekommen und durch russische Panzervorstöße
von Kolpino aus sogar wieder etwas zurückgedrängt worden.
Jam Ishora liegt
33 Kilometer nordöstlich von Pishma. General der Infanterie Wiktorin,
der Komm. General des XXVIII. AK, übernahm mit seinen Divisionen — links
bei Annalowo 121. ID, Mitte (entlang der Ishora) 96. ID, rechts 122. ID —
am 7. 9. 41 den Abschnitt von der 12. Panzerdivision.
Über die Ishora
sollte das Korps von Osten her in die Befestigungen der zweiten Schutzstellung
einbrechen. Die Panzerdivision hatte lediglich den Raum beiderseits der Rollbahn
gewonnen. Am Ostufer der Ishora stand sogar noch Feind in Bunkerstellungen
bei Pabusi. Alle Dörfer westlich des Flusses und das gesamte Ufer waren
stark befestigt. Der ursprünglich für den 11. 9. befohlene Angriff
wurde aufgeschoben, weil es unmöglich war, rechtzeitig die Bereitstellungsräume
zu erreichen, die teilweise erst erkämpft werden mußten. Am 12.9.
begann dann der Angriff. In den ersten gebildeten Brückenköpfen
gegenüber Staraja Mysa stieß ein russischer Panzerangriff von Fedorowskij
her, gegen die links angreifende 121. ID erfolgten aus Richtung Ladoga heftige
Flankenangriffe aus der „Lücke" heraus. Aus Leningrad wurden per
Eisenbahn Eingreifreserven bis in die Flanke des Korps gefahren — hinein in
die „Schleuse"! Erst nachdem die 121. ID sich bis zum linken Flügel
ihres rechten Nachbarn bei Fedorowskij vorgekämpft hatte, konnte am 15.
9. nach Stukaangriffen auf Glinka und Mondolowo und weiteren rollenden Einsätzen
von Stukas nach Nordwesten Raum gewonnen werden, und durch den Nordteil der
ausgedehnten Parkanlagen von Ssluzk erreichten am 16.9. Bataillone der 96.
ID Nowo Westi ostwärts Puschkin—Nowaja und die „Chaussee" nach Putrolowo—Jam
Ishora. Die 121. ID konnte gleichzeitig Ssluzk erreichen. Zweitausend Meter
westlich von Nowo Westi verläuft etwa von Nord nach Süd der „Bahndamm"
von Puschkin, der weiterführt nach Ssluzk. Jenseits Puschkin, 12 bis
15 Kilometer weiter westlich, hatte am 14. 9. die 1. Panzerdivision die Vormarschstraße
der „Polizei-Division", die Rollbahn nach Pulkowo, vom Feind gesäubert
und am 16. 9. den Straßenknotenpunkt Alexandrowka eingenommen. Polizei-Division
steht deshalb hier in Anführungszeichen, weil es sich nicht um die Masse
der Division handelte, sondern lediglich um
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das verstärkte
Schützenregiment 2, das am 15. 9. beiderseits Kirpusi nach Nordosten
angetreten und „angewiesen ist, das befohlene Ziel (Bahndamm Puschkin) in
drei Wellen zu nehmen".
Die Entfernung Kirpusi—Pishma
beträgt 23 Kilometer. Dort stand immer noch das Schtz.Rgt. 3 und „sichert
weiterhin die Flanke des Korps" mit zwei Bataillonen, von denen das IL/3
am 16. 9. dem IR 490 der 269. ID unterstellt wurde.
Wenn man auf der Karte von Kirpusi aus
10 Kilometer in den Griff des Zirkels nimmt und einen südlichen Halbkreis
schlägt, hat man fast genau die stark befestigte und besetzte Ishora-Stellung
nachgezeichnet, in deren Rücken also der Angriff auf Puschkin erfolgte.
„Verstärkt" war das 2. Regiment u. a. durch die Aufklärungsabteilung,
die im Rücken des Regiments weit westlich der Rollbahn aufklärte
und sicherte. Unter Belassung von schwachen Sicherungen versammelte die AA
sich am 14. 9. in Kalpano, um der Division zur Verfügung zu stehen. Die
Aktivität starker Feindkräfte im Raum Ssluzk zog die 269. ID zunächst
ab. Das Rgt. 1 schirmte im Bereich ostwärts der Rollbahn (etwa in Höhe
Kowrowo—Nowaja) die südliche Flanke des auf Puschkin angreifenden Rgt.
2 der SS-Polizei-Division und zugleich die Nordwestflanke der 269. ID ab.
Der Kampf um Puschkin
15. bis 17.9.1941
Ungeachtet der recht
verworrenen Lage, die in den folgenden Tagen noch komplizierter werden sollte,
begann am 15. September der Angriff des verstärkten Schtz.Rgt. 2 mit
der zugeteilten I./Pol.Art. Rgt. Ostwärts der Stadt kämpften sich
nach dem Ishora-Übergang seit Tagen schon zwei Divisionen des XXVIII.
AK auf Puschkin vor, die 96. und die 121. ID.
Seit 07.00 Uhr befand sich die I./Pol.AR
bei Kowrowo (zwischen Rollbahn und Eisenbahn) in ihren Feuerstellungen. Der
Nachrichtenoffizier der Abteilung berichtet wie folgt:
„Zum erstenmal manövermäßige
B-Stellen mit guten Beobachtungs-möglichkeiten. Eingerichtet sind sie
am Bahndamm. Beim Angriffs-
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beginn um 08.00 Uhr geht die Infanterie vorschriftsmäßig
entfaltet vor. Durchs Scherenfernrohr konnte das Verhalten jedes einzelnen
Infanteristen beobachtet werden." Im KTB schreibt dazu der Adjutant:
„Unsere Division hat den Auftrag, die
alte Zaren-Sommerresidenz Zarskoje-Sselo zu nehmen. Rechts von uns greift
die durch Teile unseres Schtz.Rgt. 3 und unsere III. Abt./Pol.AR verstärkte
269. ID an, links Teile der 1. Pz.-Division.
Das verstärkte Schtz.Rgt. 2 unserer
Division ist angewiesen, die befohlenen Angriffsziele in drei Wellen zu nehmen.
Unsere Artillerie unterstützt den Angriff aus Feuerstellungen entlang
der Vormarschstraße der Division.
Wie immer, sind unsere VB bei den vordersten
Kompanien. Sie unterstützen den Angriff wirksam durch Niederkämpfen
auftretender Widerstandsnester. Nachmittags machen wir Stellungswechsel nach
Kirpusi."
„Die Luftwaffe entwickelt eine rege Tätigkeit — vereinzelt
kommt es auch zu Anflügen russischer Bomber und Ratas. Hinter den Duderhofer
Höhen steht ein Fesselballon. Eine Rata wird abgeschossen und zerschellt
brennend auf dem Boden", ergänzt der NO. Zum Stellungswechsel heißt
es noch: „Mit dem größten Teil des Nachrichten-Zuges über
den Bahndamm — zwischen den Geleisen entlang. Vor einem großen Sprengtrichter
müssen wir vom steilen Bahndamm herunter in ein überschwemmtes und
versumpftes Wiesengelände — dann zwischen Bombentrichtern hindurch wieder
auf die Straße. Ein Bomber greift uns an, verfehlt aber sein Ziel und
erreicht ein noch schnelleres Ausgreifen der Pferde. Neue Feuerstellung ostwärts
der Bahn bei Kirpusi. Während der Fahrt über den Bahndamm sahen
wir 2 Kilometer ostwärts auf einem Flugfeld noch russische Panzer herumkurven.
Es wird jetzt schon früh dunkel.
16. 9. Nachts immer wieder Alarm. Russische Versprengtengruppen sind
im Gelände und greifen wiederholt an. Sicherungstrupps aufgestellt und
Gelände durchkämmt. Kurz nach Abbruch der ergebnislosen Suche nach
stärkerem Feind wird von einem russischen Kommissar mit 17 Mann die Feuerstellung
der 3. Batterie angegriffen. Es gibt Tote und Verwundete auf beiden Seiten.
Am frühen Morgen starker Beschuß mit Ausfällen. Leitungsbauende
Fernsprecher und Störungssucher werden am hellen Tage von russischen
Kampfgruppen
und Einzelgängern angegriffen. Sauer
als Störungssucher wird mit Handgranaten überfallen — bleibt aber
Sieger.
10.30 Uhr: Angriff auf Puschkin wird weiter
vorgetragen. Gestern am ersten Angriffstag wurde der Gegner auf der ganzen
Korpsfront auf Puschkin zurückgeworfen. Am Rande der Ortschaft versteift
sich der Widerstand. Neue Kräfte — etwa in Bataillonsstärke — mit
Panzern wurden vom Gegner über Ssluzk in den Raum um Nikkesa (2 Kilometer
nördlich Kekkelowo und Lukaschi) herangeführt. Mehrere feindliche
Gegenstöße wurden dort vom IR 490 (269. ID) abgeschlagen.
Der bisherige Abteilungskommandeur,
Major Beyersdorff, nimmt Abschied von der Abteilung — er wird zur Führerreserve
abgestellt. Hauptmann Engel (bisher 1. Batterie) übernimmt die I. Abteilung."
Aber Hauptmann Engel mußte bereits am nächsten Tag in ein Heimatlazarett,
weshalb am 17. 9. Oberstleutnant Schmedes die Abteilung übernahm.
Im Befehl für
den 16.9. heißt es u. a.:
„Die 269. ID stößt
frühzeitig nach Osten vor, bereinigt den Flugplatz südwestlich Puschkin
und erreicht Raum westlich Popowa. IR 469 hält sich bereit, eine Stunde
nach Ausgang des Befehls Puschkin von Süden anzugreifen und zu nehmen.
Auftrag für IR 490, Aufrollung feindlicher Stellungen ostwärts Nikkesa
bleibt bestehen."
Die reichlich verworrene Lage läßt
am ehesten das KTB des Pol.Schtz. Rgt. 3 erkennen, das zugleich Auskunft darüber
gibt, wie die Lage vom IL/3 weit südlich Puschkin „bereinigt" wird.
Nikkesa liegt gut 10 Kilometer südwestlich der Eisenbahngabel bei Ssluzk
und 4 Kilometer südlich Ontolowo. Wieso der Gegner nicht in die auf Puschkin
angreifenden Regimenter der 269. und der Polizei-Division hineinstößt,
sondern unter Vermeidung des Kampfes südlich an ihnen vorbei in Richtung
Südwesten in den über kurz oder lang doch verlorenen Abschnitt der
noch intakten Schutzstellung zwischen Kekkolowo und Antropschina, wird bald
klar. Aber dann sind die Absichten des Gegners zunichte gemacht. „Am 15. und
16.9. sichert das 3. Rgt. weiterhin die rechte Flanke des Korps im Raum Pishma—Pustoschka
und nördlich davon.
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Dienstag, 16. 9. 41.
Das II. Btl. wird dem IR 490 (der 269. ID) unterstellt und nimmt Wilosi und
Nikkesa.
Mittwoch, 17. 9. 41.
II. Bataillon nimmt Mondelewo im Sturm." Ein Musterbeispiel für
die Kürze militärischer Sprache. Aber noch einmal zurück zum
16. September unmittelbar vor Puschkin. Hier gewinnen die zwei Bataillone
des Pol.Schtz.Rgt. 2 weiter an Boden, dringen zum eigentlichen Stadtrand mit
vorgelagertem Zarenschloß vor, während sich das IR 469 über
den Flugplatz von Süden her dem Stadtrand nähert. Inzwischen hat
die 1. Panzerdivision das nördlich gelegene Alexandrowka mit seiner Wegespinne
erreicht und genommen.
Jenseits Puschkin, ostwärts des der
Polizei-Division als Angriffsziel gesetzten Bahndammes Leningrad—Puschkin—Ssluzk,
sind aus dem Ishora-Brückenkopf Fedorowskij nach Nordosten stoßend
die 96. und 121.ID des XXVIII. AK bis Nowo Westi und Nordostteil Park Ssluzk
vorgestoßen.
Das zweite Angriffsziel, nämlich
die Straße von Alexandrowka nach Südosten, am Westrand von Puschkin,
wird am 16.9. 41 vom Rgt. 2 (SS-Pol.Div.) erreicht.
„Am 17. 9. setzt die eigene Division ab
09.00 Uhr den Angriff auf den Nordteil Puschkin fort. Das verstärkte
Schtz.Rgt. 2 stößt mit einer Stoßgruppe links des auf Puschkin
führenden Weges vor. Mit einer zweiten Stoßgruppe rechts des Weges.
Nach Erreichen der Stadt rollt die linke Stoßgruppe von Norden nach
Südosten, die rechte von Süden nach Nordosten Puschkin auf. Hierbei
wird die Eisenbahnlinie hart ostwärts Puschkin erreicht."
Der Befehl sieht vor,
daß sich die Division nach Einnahme von Puschkin (Zarskoje Sselo) zur
Verteidigung einrichtet. Frühestens hier wird das für die Linie
beiderseits Puschkin befohlene „Halt" aus dem OKW spürbar. Als endgültiges
„Halt" aber immer noch nicht; denn daß eine Truppe sich nach Erreichen
eines befohlenen Zieles zunächst zur Verteidigung einrichtet, ist selbstverständlich
und nicht ungewöhnlich.
Ontolowo
Inzwischen war auch
das Pol.Schtz.Rgt. 1 nicht untätig geblieben. Es hatte den Auftrag, eine
Flankenbedrohung durch die noch im Raum nordostwärts von Krassnogwardeisk
operierenden russischen Truppen auszuschalten. Aus der Linie Kowrowo—Kisskissari
heraus begann es, den Raum ostwärts der Rollbahn zu durchkämmen.
Die am 16. 9. aus Ssluzk nach Südwesten geführten „neuen Kräfte
mit Panzern" waren in den Wäldern um Nikkesa—Wilosi verschwunden
und entweder dem hier angreifenden IL/3 genau vor die Mündung gelaufen
oder — zumindest mit Resten — nach Norden ausgewichen. Am Abend und während
der Nacht vom 16. zum 17. September lag das IL/3 sichernd in den beiden Ortschaften
und „nimmt am 17. 9. Mondelowo im Sturm", das ca. 6 Kilometer südwestlich
Ontolowo gelegen ist.
Leutnant Blattner verdanken
wir einen Erlebnisbericht, auf welche Weise Ontolowo genommen wurde:
Glück gehabt!
„Ich führte zu dieser Zeit den sIG-Zug
der 13./Pol.Schtz.Rgt. 1 und war einer Kampfgruppe beigegeben, die den Ort
Ontolowo nehmen und weiter in ostwärtiger Richtung vorstoßen sollte.
Ontolowo, ein langgezogenes Straßendorf an der Straße Nowaja—
Puschkin, war am Spätnachmittag des 17. 9. 41 bis auf den südwestlichen
Zipfel des Ortes in unserer Hand. Dieser Zipfel war durch ein etwa vier Meter
tief eingeschnittenes Bachbett, das in allgemeiner Richtung Ost—West verlief,
vom übrigen Ort getrennt. Die über den Bach führende und im
Zuge der Straße liegende Brücke war gesprengt. Eine Kompanie sicherte
nach Süden bzw. Südwesten entlang des nördlichen Bachufers,
während der übrige Teil der Kampfgruppe Stellungen am ostwärtigen
Ortsrand bezogen hatte. Nach Osten sich absetzender Gegner wurde in den Abendstunden
aus diesen Stellungen noch bekämpft. Während der Nacht kam neuer
Befehl. Danach sollte die Kampfgruppe nicht mehr weiter nach Osten stoßen,
sondern am 18. 9. 41, 07.00 Uhr antretend, nach Süden einschwenken
115
und eigenen aus Süden
kommenden Kräften entgegenstoßen, um so den zwischen den beiden
Angriffsgruppen befindlichen Gegner zu vernichten.
Zur Unterstützung des Vorstoßes
in der neuen Richtung bot die B-Stelle des sIG-Zuges keine Sicht- und Beobachtungsmöglichkeit
nach Süden. Es mußte also raschmöglichst eine neue B-Stelle
gefunden werden. In dem von uns besetzten Teil des Ortes ergab sich keine
günstige Beobachtungsmöglichkeit. Doch südlich des Baches am
Ortsende war ein Kirchturm auszumachen. Dieser Teil des Ortes war der noch
nicht von uns besetzte Zipfel. Was tun?
In der ersten Morgendämmerung des
18. 9. ging ich mit meinem Melder zu den vordersten am Bach stehenden Infanterie-Sicherungen.
Diese hatten vor sich nichts Verdächtiges beobachtet, aber auch noch
keine Aufklärung über den Bach hinweg betrieben. Vertrauend auf
meine Annahme, daß sich der Gegner auch hier abgesetzt habe, ging ich
durch das Bachbett an das erste Haus heran. Zuvor hatte ich bei den Infanterie-Sicherungen
die Weisung an den mir "nachbauenden" Fernsprech-Bautrupp hinterlassen,
daß er nach Erreichen der vordersten Stellung über diese hinaus
hinter den Häusern bis zur Kirche weiterbauen solle.
Während mein Melder sicherte, drang
ich — leichtsinnigerweise nur mit einer Pistole bewaffnet — in das erste Haus
ein. Es war leer, nur im Keller befanden sich einige Frauen, Kinder und alte
Männer, die mir versicherten: ,Nix Russki'.
Auch im nächsten und übernächsten Haus das gleiche Bild und
die gleiche Antwort. So kam ich ans Dorfende. Vor mir eine Straßenkreuzung,
die durch eine nicht in der Karte eingezeichnete von Ost nach West verlaufende
Straße und die Ortsstraße gebildet wurde. Hinter der Kreuzung
die von mir angepeilte Kirche mit ,meinem' Kirchturm. Vom Gegner war nichts
zu sehen und zu hören. Mit einem kurzen Sprung — so ganz traute ich dem
Frieden dann doch nicht — überquerte ich die Straße und gelangte
an die Ostseite der Kirche. Der Turm stand im Westen. In der Kirchenwand gewahrte
ich zunächst eine Türe, offensichtlich die Sakristeitür.
Doch bevor ich darauf zugehen konnte, blieb mir kurz die ,Luft' weg. Ich stand genau vor der Mündung einer
gut getarnten ,Ratsch-Bumm'. Die Pistole hielt ich
noch in der Hand und kam mir in diesem Augenblick reichlich lächerlich
vor. Doch nichts regte sich. Ich redete mir also ein, daß die Russen
das Geschütz bei ihrer
überstürzten
Flucht am Vorabend einfach stehen ließen. Immer noch mit der Pistole
fuchtelnd, ging ich auf das Geschütz zu und begann die Tarnung zu entfernen.
In diesem Augenblick fühlte ich mich beobachtet und drehte mich deshalb
schnell nach rechts zur Kirchenwand. Aus einem kleinen, neben der schon erwähnten
Türe befindlichen Fenster sah mich ein Augenpaar erstaunt an. Außer
der Mütze mit dem Sowjetstern konnte ich weiter nichts erkennen. Mein
Melder war inzwischen mit schußbereitem Gewehr ebenfalls herangekommen.
Ich gab dem ,Kameraden von der anderen Feldpostnummer'
zu verstehen, daß er herauskommen solle. Er kam dann auch nach einigen
Augenblicken aus der Sakristeitür heraus. Meine Pistole, die ich ihm
beim Umdrehen unbewußt mitten ins Gesicht gehalten hatte, hatte ihn
dazu bewogen — meinte ich. Aber hinter ihm kam noch ein Iwan und noch einer
und noch ... Jetzt war es endgültig Zeit, daß mir die .Spucke'
wegblieb, denn am Ende waren es ganze 17 Mann, dazu noch die Kanone, und wir
waren nur zwei Figuren mit der .ge-waltigen' Feuerkraft von einem Gewehr und
einer lächerlichen Pistole.
Was tun mit den ganzen
'Iwans'. Zur Vorsicht räumte mein Melder unter dem
,Feuerschutz' meiner Pistole ihnen einmal die Taschen von Handgranaten
und Munition aus. Es wurde höchste Zeit, die B-Stelle zu besetzen, da
in einer guten halben Stunde die Infanterie antreten würde. Nach hinten
konnte ich die Kerle nicht mehr bringen und zum Einsperren mußte auch
erst ein Raum erkundet werden. Da kam zu meinem Glück und zu meiner Erleichterung
endlich mein Fernsprech-Bautrupp an und mit ihm noch der VB der Artillerie
mit seinem Funktrupp. Auch der VB war mit seiner B-Stelle in ,Nöten' geraten und hatte die gleiche Idee wie ich,
nur eben ein wenig später. Zwei von unseren Männern brachten die
Gefangenen nach hinten. Unser Ziel, den Kirchturm, hatten wir aber immer noch
nicht. Nach der vorangegangenen Überraschung waren wir vorsichtiger geworden.
Hoffentlich hatte sich nicht schon die russische 'Konkurrenz' im Kirchturm
eingenistet. Wiederum hatten wir Glück, der Turm war feindfrei.
Oben auf dem Turm gingen uns jedoch nochmals
die Augen über. Im südwestlichen Sektor, an der unter uns liegenden
Straßenkreuzung beginnend, zog sich eine gut ausgebaute und voll besetzte
russische Stellung in allgemeiner Richtung Westen hin. Das Geschütz an
der
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Kirche hatte offensichtlich
die Flankendeckung für diese Stellung zu übernehmen.
Die Aussagen unserer Gefangenen bestätigten
später diese Annahme. Sie sagten weiter aus, daß das Bataillon
— um ein solches handelte es sich — schon am gestrigen Tage in diesen Stellungen
eingesetzt war und den Auftrag hatte, unsere Kampfgruppe weiterstoßen
zu lassen, uns dann im Rücken anzugreifen und zu vernichten. Die Geschützbedienung
samt ihrer Sicherung waren von unserem Auftauchen
so überrascht, daß niemand an Gegenwehr dachte. Sie waren zudem
der Meinung, ihre eigenen Kameraden hätten sich schon abgesetzt oder
wären genauso stillschweigend überrannt worden wie sie selbst. Wäre
nicht dieser Glücksumstand gewesen, hätte damals die 13. Kompanie
zwei Mann weniger gehabt.
Der Rest ist schnell erzählt. Rasch
war Funk- und Draht-Verbindung zu den beiden Feuerstellungen hergestellt.
Nach Richtungs- und Entfernungsänderung zeigten sechs Rohre kurz vor
Beginn des eigenen Angriffs auf die unter uns liegende russische Stellung.
Mit Angriffs-beginn rauschten die ersten Granaten herüber und nach geringer
Korrektur mitten in den Gegner. Nach kurzem Feuerwechsel mit unserer Infanterie
wich er nach Süden aus und lief den Kameraden der 269. ID genau in die
Arme."
Der Kampf im Hintergelände
Beim Abzug des IL/3 aus dem Raum Pishma
rückte die 285. Sicherungsdivision nach. Wo ihr Abschnitt begann und
wo er aufhörte, wird aus den Unterlagen nicht ersichtlich. Fest steht,
daß das noch im Raum verbliebene I./3 als letztes Bataillon des 3. Regiments
am 18. September der 285. Sich.Div. unterstellt wurde und gleich einen Kampf-
und Sicherungsauftrag erhielt. Im KTB Rgt. 3 steht nur der eine Satz: „I.
Bataillon nimmt Brückenübergang bei Lukaschi." Auf einer Karte
des Dr. Borgell von der 1. Sanitätskompanie, die dem außerhalb
der Division kämpfenden 3. Regiment zugeteilt ist, finden sich nachstehende
Einzeichnungen:
Der eingetragene
Weg verläuft am 18.9.41 vom Ssuida-Abschnitt (Pishma—Pustoschka) über
Mal.Samostje—Bol.Samostje—Mal.Schaglino nach Kekkelowo und Lukaschi. Am Südrand
Kekkelowo ist ein Truppen Verbandsplatz mit Friedhof eingezeichnet.
Das ist genau der Weg,
von dem es vor zwölf Tagen hieß: „Die 269. ID greift am 6.9.41
mit Schwerpunkt beiderseits des Weges Pustoschka—Bol. Samostje an, um sich
die Ausgangsstellung für den Durchbruch durch die Verteidigungsstellungen
von Leningrad beiderseits Lukaschi zu schaffen."
Vom Kampf um Ontolowo (Rgt. 1/Blattner-Bericht)
her wissen wir, daß von dort ein Weg südlich durch den Wald nach
Nikkesa führt. Von hier aus verläuft dieser Weg weiter über
knapp 2 Kilometer süd-ostwärts der Ishora-Uferstraße zu den
Dörfern Warlewo und Wanga-Mjuja an der Ishora. Und genau zwischen diesen
Ortschaften, von der Uferstraße über die Ishora hinweg nach Süden,
verlaufen die eingezeichneten Stellungen: 1. Kompanie (wie beschrieben), 3.
Kompanie ab hier beiderseits des Bahndammes hart ostwärts Ropole, 2.
Kompanie südlich anschließend weitere 1000 Meter bis in den Nord-Süd-Schneisenweg
hinein, der nach Ssussanino führt. Alle Stellungen sind mit Front nach
Osten eingezeichnet. Ausdehnung des Abschnitts: 3 Kilometer.
Wie hart der Kampf war, wie der Gegner
sich verteidigte, wie viele der eingezeichneten vier Brücken unversehrt
in eigene Hand fielen, wie viele Kameraden hier fielen, geht aus den Einzeichnungen
nicht hervor.
Zuvor noch eine Eintragung im KTB Rgt.
3 für den 18. September 1941: „II Btl. (dem IR 490 der 269. ID unterstellt)
nimmt Pokrowskaja—Antropschino."
Punkt, fertig, aus!
So einfach steht das alles da. Und wer hat schon bis hierher gewußt,
daß die Bataillone der Division zur gleichen Zeit auf einer Strecke
von zwanzig Kilometern kämpften? Vom Bahnhof Puschkin—Südrand Bol.Kusmino
über Pokrowskaja—Antropschino, Ontolowo—Pendolowo bis zum Raum Kekkelowo—Ssemrino.
Vom Bahnhof Puschkin aber über Schuschary bis zur Endstation im Stadt-innern
von Leningrad sind es ebenfalls nur zwanzig Kilometer!
Die „südliche
operative Gruppe" des Gegners
Nicht immer muß es das berühmte
Kartenbrett eines toten oder lebenden Generalstabsoffiziers oder überhaupt
eines Offiziers sein, das dem Gegner mit allen Einzeichnungen in die Hände
fällt. Auch schon einige Gefallene, die im Kampf nicht geborgen werden,
können wich-
119
tige Hinweise erbringen.
Gründliche Kleinarbeit durch Spähtrupps tut das ihrige dazu und
ein Flieger in 3000 Meter Höhe sieht nun einmal mehr als ein schneidiger
Pionier drei Meter vor der Feindstellung sehen kann.
Trotzdem, es berührt eigenartig,
mit welch sicherem Instinkt der Kommandierende General der russischen „südlichen
operativen Gruppe" genau auf der Nahtstelle zweier deutscher Armeen operiert,
um aus den Lugi-Sümpfen heraus den Anschluß nach Norden zur 55. sowjetischen Armee zu gewinnen. Hier zunächst
den „Sammelpunkt Wald 2 Kilometer nordostwärts Ssussanino".
Hier — das heißt im „Plan der Loslösung — Durchbruch der Einkesselung".
Der nachstehend wiedergegebene
Beutebefehl findet sich als Anlage im KTB der I./Pol.Art.Rgt. Dieser Befehl
des „Kommandeurs der Südgruppe" trägt das Datum des 14.9.1941.
Abschrift der Übersetzung
Bestätigt: |
Ganz geheim!
|
Kommandeur der Südgruppe Generalmajor 14.9.41, gez. Unterschrift |
Kommissar Brigadekommissar gez. Unterschrift |
der Loslösung der Teile der südlichen operativen Gruppe vom
Gegner und Durchbrechung der Einkesselung
Ausgangslage für
den Durchbruch: Wald 500 Meter südlich der Schneise, die vom Punkt 68,3
nach Osten führt — zwischen dem geschlagenen Wald und
der Schneise.
Aufstellung der Kolonne: Spähtrupps
gemeinsam für die ganze Gruppe — Aufkl.-Btl. der 24. Tank-Div., verstärkt
durch andere Untergliederungen der 24. Tank-Div. Zwei Züge des 24. mot.
Inf.Btl. folgen in breiter Front 3 Kilometer vor den Kolonnen, durchkämmen
den Wald, ohne dem Kampf mit dem Gegner auszuweichen. Führer: Major Lebedew.
Linke Kolonne: 235. Schtz.Div., Teile der 177. Schtz.Div.
außer dem Schtz.Rgt.Stab der 177. Schtz.Div., Stab des 41. Schtz.-Korps,
die San.-Btl. des Korps, das Korps-Nachr.-Btl. Führer der Kolonnen: Oberst
Maschoschin.
Rechte Kolonne: 24. Pz.-Abw.-Abtlg., 111.
Schtz.Div., Rgt. der Art.-Schule Luga, 51. Korps-Art.-Rgt., 541. Haubitz-Rgt.,
kleine dem Korps zugeteilte Einheiten. Führer der Kolonne: Oberst Rodin.
Richtunggebend: die linke Kolonne: Der
Abstand zwischen den Kolonnen am Tage 1 Kilometer, nachts 200 Meter. Zur Verkürzung
der Marschkolonne wird in Gliedern zu vier Mann marschiert.
Sicherung: Rechts eine Abteilung des
Rgts. der Art.-Schule Luga und des Korps-Art.-Rgt., links eine Abt. des Pi.-Btl.
Nachhut: Schtz.Rgt. der 177. Schtz.Div. Führer: Oberst Panitsch. Vorhut: Jede Kolonne ihre eigene.
Sicherung: Außerdem hat jede Kolonne
ihre eigene Sicherung und Pioniere an der Spitze und am Schluß.
Verwundete: Offiziere und Kommissare sind alle auf Tragbahren
mitzuführen. Leichtverletzte sind ebenfalls mitzunehmen und am Schluß
jeder Kolonne zu führen. Die übrigen Schwer-verwundeten sind mit
der notwendigen San.-Ausrüstung und medizinischem
Personal bei einem besiedelten Punkt zwecks Heilung zu hinterlassen (am südlichen
Rand von Wyriza). Ausrüstung: Die tragbaren Waffen, sMG und lMG,
Kp.-Granat-werfer sind mitzuführen. Das übrige ist einzugraben.
Die Pferde sind mit Sätteln und Geschirr mitzunehmen. Verbindung: Zwischen
den Spähtrupps, Sicherung und den Kolonnen ist eine engste und ständige
Verbindung durch Schtz.-Kette und Melder zu Fuß aufrechtzuerhalten.
Loslösung vom Gegner: Ist um 12.00 Uhr am 14. 9. 41 unter Deckung durch
die 177. Schtz.Div., dem Rgt. der Art.-Schule
121
Luga und Untergliederungen
jeder Div. in den eigenen Abschnitten durchzuführen. Die Deckung verbleibt
bis 15.00 Uhr 15. 9. 41 und zeigt sich
aktiv. Die Ausgangsstellungen haben die Kolonnen um 17.00 Uhr zu besetzen
und sofort mit der Erkundung des Überganges
über den Fluß Oredesch zu beginnen. Übergang über
den Fluß Oredesch: Ist nach gründlicher Vorbereitung bzw. Aufklärung
und rechtzeitiger Bereitung von Laufstegen
aus Balken ab 21.00 Uhr am 14. 9. 41 durchzuführen. Für den
Übergang hat jede Kolonne zwei Ubersetzmöglichkeiten vorzubereiten.
Sammelpunkt nach dem Übergang südostwär-tiger Teil des Nowgeredsker Sumpfes, Quadrat 8256. Überschreitung
der Chaussee Mina—Kauschta ist nachts vom 15. 9. auf den 16.9.41 durchzuführen.
Anordnung für
den Marsch: Schneisen, Wege und Pfade sind nicht
zu benutzen. Es ist nur im Walde zu marschieren. Am Tage darf sich
die Truppe auf Wiesen und offenen Stellungen nicht zeigen. Nachts nicht rauchen
und keine Lagerfeuer! Bei Erscheinen von Fliegern hinlegen und nicht bewegen!
Bei Art.-Beschuß auseinanderziehen! Nachts langsam und nahe beieinandergehen. Die Führer der Kolonnen haben die Einheiten
fest in der Hand zu halten, indem sie die Kdeure. und Kommissare für
die entsprechenden Abteilungen und Truppenteile verantwortlich machen. Die
Führer der Kolonnen haben ständige Verbindung mit dem Kommandierenden
aufrechtzuerhalten, von dem sie für den Fall der Notwendigkeit einer
Änderung der Marschroute Weisungen entgegenzunehmen haben. Es müssen tragbare
Funkstationen, Fernsprech-Trupps und Kabel vorhanden sein.
Verhalten bei Begegnung mit dem Feinde:
a) Die linke gemäß festgelegtem
Marschweg.
b) Die rechte 5 Kilometer mehr rechts mit der Maßgabe,
daß alsdann wieder die ursprüngliche Marschroute eingehalten wird.
4. Bei Unmöglichkeit der Lösung der Kolonnen hat die Absetzung der
Abt. divisionsweise zu erfolgen, wobei im wesentlichen
die Marschroute innezuhalten ist. Sammeln im Walde 2
Kilometer nordostwärts Ssussanino.
Chef des Stabes: Oberst, gez. Werbitzky. |
Kommissar: |
|
14.9. 41, 9.30 Uhr. |
KO (?) 1 (Kolonne 1) |
123
mit Erfolg, daß auf der Ostseite
des „Korridors" deutsche Kräfte bis zum Stadtrand Puschkin—Ssluzk
vorstoßen. Für die Nacht vom 15. zum 16. September war das Überschreiten
der Chaussee Mina— Kauschta vorgesehen, unmittelbar ostwärts Wyriza.
Auch das muß dem Gegner noch planmäßig gelungen sein, doch
stören ihn jetzt die deutschen Unternehmen, von denen bereits die Rede
war. Daß nennenswerte Kräfte zur 55. Armee durchstoßen konnten,
ist aus den vorhandenen Unterlagen nicht ersichtlich. Wer die russischen Wälder
kennt, weiß, daß ganze Divisionen in ihnen „verschwinden"
können. Jedenfalls ist über das Schicksal dieser seit Wochen zielstrebig,
beharrlich, geschickt und äußerst tapfer kämpfenden „Südgruppe"
des Gegners nichts bekanntgeworden. Ein Umstand, den man nur bedauern kann.
X. ÜBERGANG ZUR VERTEIDIGUNG
Abzug der Panzerdivisionen und Ausbau
der erreichten Stellungen
Die Einnahme von Ssluzk am 18. 9. 41 geschah
irgendwie, für die Division gewissermaßen unmerklich. An diesem
Tage übernimmt die Artillerie einen Gefechtsstand der Heeres-Artillerie
bei Alexandrowka, denn seit den Morgenstunden wird die 1. Panzerdivision abgelöst.
Mehr noch, alle vier Panzerdivisionen, die gemeinsam mit unserer Division
vor Leningrad standen, werden aus der Front herausgezogen und in Richtung
Süden in Marsch gesetzt. Wir alle, die wir hier vor Leningrad bleiben,
richten uns für eine anscheinend längere Belagerung ein und beginnen
mit dem Ausbau der Winterquartiere.
Im KTB I./Pol.AR ist unter dem 19. 9.
41 u. a. zu lesen: „In der Nacht schwerer Beschuß durch russische Artillerie
und Granatwerfer. Es gibt schon wieder Verwundete. Mit Veterinär Ställe
ausgesucht. Hier gibt es voraussichtlich längeren Aufenthalt. Die Stellungen
werden stärker ausgebaut." Der NO weiß davon zu berichten,
daß insgesamt 22 Kilometer Fernsprechkabel ausgelegt wurden, die unterhalten
sein wollen. Und er erwähnt dabei: „Störungssucher dauernd unter-
wegs." Eine
günstige Gelegenheit, ihrer und anderer „Strippenzieher" Verdienste
zu gedenken.
Der Abteilungsadjutant zeigt sich begeistert: „Die B-Steilen
sind gut. Die Sicht ist fabelhaft. Während des ganzen Feldzuges war es
bisher kaum möglich, Abteilungs- und Batterie-B-Stellen einzurichten.
Hier befinden sie sich in einem Fabrikgelände nördlich Puschkin!
Den uns zugewiesenen Abschnitt können wir vollkommen einsehen. Auch darüber
hinaus eine wunderbare Nah- und Fernsicht!" Und entdeckt uns nun den
wahren Grund seiner Begeisterung, die er mit Tausenden deutscher Soldaten
teilt, von denen es keiner jemals mehr vergessen wird: „Zum ersten Mal sehen
unsere Augen das heiß ersehnte Ziel langer Märsche und harter Kämpfe.
Vor uns zeichnen sich am Horizont die Kuppeln, Türme und Fabrikanlagen
der alten Zarensiedlung Petersburg ab. An der Peripherie der Stadt stehen
die Zeugen der letzten Jahrzehnte unter der Herrschaft von Hammer und Sichel:
kubistische, überdimensionale Bauten amerikanischen Ausmaßes, riesige
Fabrikanlagen, ein Wald von Schloten." Ein anderer Chronist des Regiments
3, übrigens ein Unbekannter, dem wir so manche Niederschrift verdanken,
weiß zu berichten: „Von einer guten B-Stelle aus sehen wir Leningrad
vor uns in der Sonne glänzen. Noch ist der Horizont etwas dunstig. Die
Sonne zieht aber auch diesen Schleier bald hinweg, und das Angriffsziel aller
Kämpfe des Nordens liegt klar vor uns. Dort das weiße Hochhaus,
die oberste kommunistische Parteizentrale, dort die St.-Isaaks-Kathedrale,
dann die Newa mit ihren beiden Brücken, die Kräne im Hafen, der
Finnische Meerbusen und ganz am Horizont Kronstadt, die Festung. Ja, sogar
Schiffe kann man erkennen, Schlachtschiffe!"
Nowaja und Pulkowo
Was aber für die eigene B-Stelle
galt, nämlich die hervorragende Übersicht über das Feindgelände,
galt umgekehrt natürlich auch für den Gegner. Dank der Höhen
von Pulkowo, die er damals noch immer in Besitz hatte.
Zuvor wurde aber noch eine Frontbegradigung
vorgenommen. Die Divisionsgrenze rechts verlief am Bahndamm (einschließlich).
Der rechte Nachbar, die 121. ID, hing zurück bis Nowo Westi, wo sie am
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VII. VORMARSCH AUF DIE BEFESTIGUNGEN VON LENINGRAD | Перевод |
VIII. EINBRUCH IN DIE BEFESTIGUNGEN VON LENINGRAD 9.9.1941 bis 24.9.1941 | Перевод |
IX. DURCHBRUCH DURCH DIE LETZTE SCHUTZSTELLUNG VON LENINGRAD | Перевод |