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WOLFGANG PAUL

BRENNPUNKTE

Die Geschihte der 6. Panzerdivision (1. leichte)
1937 - 1945

Höntiges-Verlag, Krefild, 1977

 

<...> [114] „Stalinlinie" angelangt, die in der Division Assoziationen an die Maginot-linie auslöste. Über ihre Stärke war man sich nicht im Klaren.

Am 4. Juli kam es ostwärts Baltinava zu einem von Panzern unterstützten russischen Angriff auf die Marschkolonne der Division. Es handelte sich um Kräfte, die unter dem Druck der 8. Panzerdivision nach Norden durchbrechen wollten, um nicht in die Sumpfgegend ostwärts Gauri abgedrängt zu werden. Bei den sich nun entwickelnden Kämpfen wurde die Division zeitweilig gespalten, ehe Kradschützenbataillon 6 und Teile des Panzerregiments 11 mit Pak und Flak den Gegner zurückdrängten. Die Panzerkompanie Bethke erledigte 3 mittlere Panzer, 14 weitere wurden von Flak und Pak abgeschossen. Gegen den Feind in einem Wald, der dauernd die Straße mit Panzerfeuer bestrich, wurde Kradschützenbataillon 6 angesetzt, unterstützt von Pionieren mit den neuen Wurfkörpern, die sie zum ersten Mal einsetzten. Deren Detonationen hatten einen ungeahnten Erfolg. Der Wald konnte rasch genommen werden. Über 20 Panzer, von ihren Besatzungen verlassen, standen unversehrt unter den Bäumen.

Während auf diese Weise die eine Hälfte der Division den Rücken und die Flanke freihielt, hatten sich bei Augspils die Panzeraufklärungsabteilung der 1. Panzerdivision mit der Kampfgruppe Raus getroffen. Die Bunkerlinie an der alten lettisch-russischen Grenze wurde noch am Abend des 4. Juli angegriffen, wobei ein Loch von 2 km Tiefe in die sogenannte Stalinlinie geschlagen wurde. Das II. Bataillon des Schützenregiments 4 unter Hauptmann Böcher nahm 14 zum Teil ausgezeichnet als baufällige Häuschen und grüne Hügel getarnte Bunker, unterstützt von allen Waffen der Division, die zur Stelle waren. Bei der Vernichtung von 2 schweren Panzern zeichneten sich Leutnant Populo und seine 7. Kompanie des Schützenregiments 4 aus, die von 8,8-Flak unterstützt wurde. Mit Leutnant Populo kämpfte Oberwachtmeister Spindler, Vorgeschobener Beobachter, 6./A.R. 76, der mehrere Panzer abschoß.

Die 1. Panzerdivision war am Abend in den Südteil von Ostrow eingedrungen und hatte beide Welikaja-Brücken unversehrt genommen. Im Morgengrauen des 5. Juli beginnt der zügig durchgeführte Angriff der Kampfgruppe Raus gegen die Befestigungslinie, die um 11.10 Uhr genommen ist. Die Kampfgruppe stößt weiter vor, die Masse der Division schließt auf.

Um 17.00 Uhr trifft General Kirchner, Kommandierender General des Panzerkorps, auf dem Gefechtsstand der Division ein und gibt für den nächsten Morgen, den 6. Juli, das vermutlich verteidigte Pskow (Pleskau) [115] als Angriffsziel, damit (Kriegstagebuch la) „Leningrad in kürzester Zeit genommen wird, um so den gesamten Ostseeraum zu bereinigen, deshalb bereits Abdrehen der Panzergruppe 3 (Hoth) in nordwestlicher Richtung. Im Laufe des Abends schwere feindliche Luftangriffe." Die Kampfgruppe Raus wird der 1. Panzerdivision im Brückenkopf Ostrow unterstellt. Die Bereitstellung der Kampfgruppe Koll verzögert sich, da über die Leza eine Brücke geschlagen werden muß.

Kriegstagebuch la: „Die gesamte Kampfgruppe Raus ist in den Brückenkopf gezogen und hat dessen rechte Hälfte übernommen. Feindlicher Druck ist nicht zu spüren, einige Reiter und einige mit Schützen besetzte Lkw erscheinen vor der Front und werden leicht vertrieben." Weshalb der Angriff auf Pleskau, den doch General Kirchner am 5. Juli verlangte, nicht am 6. Juli durchgeführt wurde, kann nur durch das Bremsen der Heeresgruppe Nord erklärt werden, wobei Korps und Panzergruppe Feldmarschall von Leeb unterstützten. Kriegstagebuch la: „Feindbeurteilung der Division wird vom Korps als zu leicht und deshalb falsch beurteilt. Die Bitte, den Brückenkopf erweitern zu dürfen, wird abgelehnt. Die Feindbeurteilung durch Kampfgruppe Raus bestätigt das bisherige Bild eines abgebauten, jedenfalls nur schwachen Gegners. Die Gruppe fühlt sich stark genug, mit ihren eigenen Kräften den Angriff aus dem Brückenkopf so weit vorzutragen, daß die beiden Verfolgungskampfgruppen anrollen können."

Am 7. Juli hatten die drei hintereinander auf einer Straße marschierenden Kampfgruppen nur geringfügigen Feindwiderstand zu brechen. Der Gegner wurde von der zur Division gehörenden Heeresfliegerstaffel stets rechtzeitig gemeldet.

Aber alles ging den Soldaten hier zu langsam. Kriegstagebuch la 8. Juli: „Die Truppe findet das Angehaltenwerden nach erfolgreichem Angriff, das allmählich zu einer alltäglichen Erscheinung geworden ist, in starkem Maße als unbefriedigend. Das Gefühl einer Siegesfreude oder gar des Siegesrausches wie in Frankreich kann sich nicht bilden. Man empfindet die Führungsmaßnahmen als unsicheres Zögern. Es wird versucht, aufklärend dahin zu wirken, daß die besonderen Verhältnisse des großrussischen Raumes, die Unsicherheit in der Feindbeurteilung und die zweifelsfrei noch vorhandenen starken mot. und mechan. Kräfte zwischen augenblicklicher Front und Leningrad exponiertes Vorstoßen der 1. und 6. Panzerdivision nicht verantworten lassen. Mag auch der Feind Zeit und Gelegenheit zum Absetzen und Vorbereiten verstärkter Verteidigungslinien bekommen. Beute des Tages: 1000 Gefangene, 4 Geschütze, 5 Pak, 6 Panzer, Getreidelager. Wetter warm, 32 Grad Celsius." [116]

Bei diesen Kämpfen geriet der Kommandeur eines sowjetischen Panzerregiments in Gefangenschaft, der erklärte, wenn die Deutschen weiter so langsam vorrückten, kämen sie nie nach Leningrad. Im Kriegstagebuch Ib wird vermerkt, daß es nun lettischen Kriegsgefangenen erlaubt werde, in die Heimat zu gehen. „Seit Überschreiten der russischen Grenze Quartiere nicht mehr benutzbar. Biwak."

In Leningrad, das nun als Ziel vor der 6. Panzerdivision zu liegen schien, war die Bevölkerung am 27. Juni zu Befestigungsarbeiten aufgerufen worden. Die Arbeitskräfte (Männer zwischen 16 und 50 Jahren, Frauen zwischen 16 und 45 Jahren, ausgenommen Arbeiter der Rüstungsbetriebe und Mütter mit mehreren Kindern) wurden zunächst nur im Stadtgebiet eingesetzt.

Am 8. Juli änderte sich das. Es wurden von jetzt an auch Zivilisten in den drei von der sowjetischen Führung festgelegten Befestigungslinien um Leningrad (Luga - äußere Linie; Ischora-Fluß -zweite Linie; und am inneren Ring - dritte Linie) verwendet.

Als am 8. Juli das 41. Panzerkorps den Raum Ostrow-PIeskau erreicht hatte, wurde von ihm der Roten Armee am Peipussee ein Sperrriegel vorgeschoben. Sowjetische Kräfte, die noch weiter westlich, im Baltikum, gegen die 18. Armee kämpften, konnten südlich des Sees nicht mehr ausweichen. Seit Tauroggen hatte das 41. Panzerkorps in 16 Tagen eine Strecke überwunden, die in der Luftlinie mehr als 600 km ausmachte. Es hatte über 800 Feindpanzer vernichtet, rund 300 Geschütze, 200 Panzerabwehrkanonen und etwa 2000 Fahrzeuge erbeutet, eine große Zahl Gefangener eingebracht. Längs der Straße nach Luga, Leningrad geriet das Korps nun jedoch in unwegsame Waldgebiete, in dem sich der Gegner hartnäckig wehrte. Stalin hatte in seiner Radiorede vom 3. Juli das Stehenbleiben befohlen; es sollte kein Zurück mehr für die angeschlagene Rote Armee geben. Er hatte zum Partisanenkrieg aufgerufen. Marschall Woroschilow, der die Leningradfront übernahm, sah die Luga als wichtigste Verteidigungslinie und verstärkte sie, vor allem um die Stadt Luga. Die Divisionen des Panzerkorps kommen nur noch langsam vorwärts. Am 10. Juli führt der Angriff der 6. Panzerdivision zum ersten Mißerfolg. Überschwere Panzer treten wieder vor ihr auf. Da ihr die 8,8-Flak am Tag vorher weggenommen wurde, gelingt es nur, diese Panzer zu mehrfachem Stellungswechsel zu veranlassen. Mit anderen Waffen wird ein „Versuchsschießen" veranstaltet, das ohne Erfolg bleibt. Am 11. Juli meldet die Panzergruppe 4 an die Heeresgruppe: „Gesamtkraftfahrzeuglage: Auf Grund hoher Ausfälle durch unmögliche Straßenverhältnisse entscheidend beeinflußt. Nur durch planmäßigen Ersatzteil-[117]nachschub auf dem Luftwege kann für weiteres Vorkommen notwendige schnelle Abhilfe geschaffen werden."

Am 12. Juli notiert Feldmarschall von Leeb in sein Tagebuch: „Chefgespräch mit Operationsabteilung Heusinger: Führer legt gar keinen besonderen Wert mehr auf Petersburg. Der Adjutant des Führers, Oberst Schmundt, der vor einigen Tagen da war, sagte das Gegenteil. Was mag wohl richtig sein? Jedenfalls will ich morgen mit Hoepner sprechen." Am Abend dieses 12. Juli entschließt sich General Reinhardt, die Angriffsrichtung seines 41. Panzerkorps zu ändern. Das Korps sollte nun, mit seinen schnellen Divisionen nach Norden ausholend, von der Straße nach Luga nach Nordwesten abdrehen und in Ssabsk (1. Panzerdivision) sowie Porietje (6. Panzerdivision) den Luga-Abschnitt gewinnen und überschreiten, um, durch das Waldgelände nordostwärts Luga weiter vorgehend, Leningrad überraschend von Nordwesten her abzuschließen. Die 6. Panzerdivision sollte an der Spitze fahren, zum Ilmensee abgedeckt durch die 36. Infanteriedivision (mot.), rechts neben ihr die 1. Panzerdivision, die erst noch an der Pljussa und bei Sapolje von der 269. Infanteriedivision abgelöst werden mußte. Diese Division wurde mit Lastwagen der 6. Panzerdivision nach vorn gefahren.

Laut Kriegstagebuch Ia wurde am 12. Juli höheren Ortes von einem „Durchrollen nach Leningrad" gesprochen.

Mit diesem Befehl wurde die Panzergruppe 4 auseinandergerissen. Mansteins 56. Panzerkorps kämpfte in Richtung Nowgorod. Das 41. Panzerkorps stand südlich der Luga vor einem Sumpfgebiet. „Die Divisionsführung", schreibt Graf Kielmansegg, „steht den kommenden Tagen mit inneren Bedenken gegenüber. Es muß damit gerechnet werden, daß der Feind, sobald er den zweifellos sowohl für Leningrad als für seine noch vorwärts des Peipussees in Estland stehenden Kräfte sehr gefährlichen Stoß der 6. und 1. Panzerdivision erkennt, diesem alle verfügbaren Kräfte entgegen und in die Flanke werfen wird. Wenn die Division durch diese zu erwartenden Gegenstöße noch im Sumpfgebiet getroffen wird, kann dies recht unangenehm werden. Da das Herausziehen aus dem Gebiet des Radilowskojesees und die Kreuzung mit der 1. Panzerdivision nur langsam vor sich geht, wird eine kampfkräftige Vorausabteilung zusammengestellt mit dem Auftrag, so rasch als möglich die Luga bei Porietje zu erreichen und hier einen Brückenkopf zu bilden. Die Masse der Division überquert in zwei Marschkolonnen Straße und Bahn und erreicht etwa die Gegend von Shdani."

Die Kampfgruppe Raus, die am 13. Juli gegen 0.30 Uhr zu dem Raid nach Norden antrat, bestand aus: Schützenregiment 4, Panzerabteilung 65, [118] 8. (Schützenpanzerwagen)/S.R. 114, II. und III. Abteilung Artillerieregiment 76, Pionierbataillon 57, einer Panzerjägerkompanie und einer Flakbatterie, Teilen einer Sanitätskompanie und der Versorgungsstaffel. Dazu der Stab der Schützenbrigade. Im Morgengrauen des 13. Juli fällt der Kampfgruppe die 20-t-Brücke über die Pljussa bei Ljady in die Hand. Schon jetzt war die Kampfgruppe durch die schlimmen Wegeverhältnisse, bei tropischer Hitze, umschwärmt von Myriaden von Mücken, auf 80 km auseinandergezogen. Aber sie fand kaum Widerstand, die Russen wurden überrascht. Sie hatten ihren Widerstand an der Straße nach Luga konzentriert.

Während sich die Kampfgruppe Raus, der Division weit voraus, weiter zur Luga auf schlechten Wegen durchquält, telefoniert 10.00 Uhr Feldmarschall von Leeb mit Generaloberst Hoepner: „Druck auf Gegner auch weiterhin aufrecht erhalten, doch vermeiden, daß sich Panzergruppe vorzeitig erschöpft. Danach die Stärke des Druckes einstellen." Um 12.00 Uhr kommt General Reinhardt auf den Gefechtsstand der 6. Panzerdivision.

Kriegstagebuch Ia: „Der Kommandierende General sagt wörtlich: ,Wenn die Division heute noch den Luga-Abschnitt erreicht, gibt es eine Sondermeldung und der Krieg ist entschieden.' General Reinhardt orientiert General Landgraf: ,Luga-Abschnitt ist letzte Schranke vor Leningrad.'" General Landgraf schickt 13.00 Uhr die Kampfgruppe Linbrunn (Panzeraufklärungsabteilung 57), die vorn die Kampfgruppe Raus ablösen soll. Um 18.00 Uhr ist die Kampfgruppe Raus erst soweit aufgeschlossen, daß sie von Ljady wieder antreten kann. Wegen dieses langen Aufenthaltes in Ljady drückt General Reinhardt sein Mißfallen aus. Um 21.00 Uhr funkt General Landgraf an Oberst Raus: „Lugabrücke muß heute nacht erreicht werden."

Nach achtstündigem Nachtmarsch hat die Kampfgruppe Raus am 14. Juli um 4.00 Uhr morgens die feste Straße in Sarutschje erreicht. Südlich des Samrosees quälte sie sich über versumpfte Wege. Am Morgen des 14. Juli geht die Kampfgruppe Raus über die Luga. Ein Kommando des Lehr-Regiments 800 z. b. V. („Brandenburg") hatte vorher die beiden Lugabrücken (eine war nicht auf den Karten vermerkt) genommen, wobei es die kleine Wachmannschaft überwältigte. Sonst leisteten Widerstand nur Zivilisten mit Armbinden, die an diesem Tage die Instandsetzungsgruppe der 1./Panzerabteilung 65 in der Kirche von Walowo, 30 km von der Luga entfernt, bei der Arbeit überfielen. Dabei gab es Verluste. Diese Zivilisten waren die ersten Partisanen, mit denen es die Division in diesem Kriege zu tun bekam. [119]

Der Luga-Brückenkopf der Kampfgruppe Raus war ein schmaler Schlauch von wenigen Kilometern Länge und noch nicht einen Kilometer breit.

Am späten Nachmittag gibt Generaloberst Halder gegenüber Generalfeldmarschall von Leeb „seiner gewissen Sorge Ausdruck, daß der Nordflügel (41. Armeekorps) allein auf Leningrad vorstoßen und dabei in eine schwierige Lage kommen könne. Schwerpunkt der Panzergruppe 4 habe auf dem rechten Flügel zu liegen, um die Bahn Leningrad-Moskau zu unterbrechen und Leningrad mit Schwerpunkt im Südosten abzuriegeln." (Leeb-Tagebuch).

Zwischen der Kampfgruppe Raus jenseits der Luga und dem Gros der 6. Panzerdivision ist eine Lücke von etwa 60 km. Aber vor Raus steht kein Feind, der beachtlich wäre. Vor ihm ist der Weg nach Leningrad scheinbar frei. Doch nur langsam setzt im Gewitterregen das Gros der 6. Panzerdivision seinen Marsch fort. Kradschützenbataillon 6 wird zur Sicherung gegen Westen abgedreht, da Aufklärungsflieger Feindbewegung aus Estland gemeldet haben. Allein Fliegerangriffe machen der Kampfgruppe Raus zu schaffen.

Am Morgen des 15. Juli wird sie von einer Leningrader Werkschutzeinheit angegriffen, die von den Schützen und Panzern abgewiesen wird. Im Brückenkopf gräbt sie sich ein.

Die Absicht der Panzergruppe 4 ist es, wie am 16. Juli Generalfeldmarschall von Leeb von Generaloberst Hoepner bei einem Frontbesuch erfährt, das 56. Armeekorps von Mansteins an das 41. Armeekorps Reinhardts heranzuziehen, um mit der ganzen Panzergruppe auf dem bisherigen linken Flügel nach Leningrad durchzustoßen. Da Hitler schon am 14. Juli seinen Adjutanten, Oberst Schmundt, zu von Leeb geschickt hatte, um zu fragen, warum die Panzergruppe 4 nicht mit starker rechter Schulter über Nowgorod angegriffen hatte, muß nun von Leeb den Plan Hoepners zurückweisen. Er befiehlt Hoepner, das 56. Armeekorps dort zu belassen, wo es steht, und den Angriff der Panzergruppe in allgemeiner nordostwärtiger Richtung erst dann fortzuführen, wenn die rechte Flanke ausreichend durch ein Infanteriekorps geschützt ist. Unabhängig davon sei aber anzustreben, die Enge von Narwa zu sperren. Diese Enge von Narwa lag 200 km rückwärts der Kampfgruppe Raus. Sie war soweit vorgeprellt.

An diesem Tage stellt Generalfeldmarschall von Leeb fest, daß sich der Operationsraum seiner Heeresgruppe Nord von 200 km auf 650 km ausgeweitet hat. Im Luga-Brückenkopf notiert der Gefreite vom Bruch, 1 ./S.R. 4, am 16. [120] Juli 1941: „Morgens erneuter Angriff schwerer Panzer. Wieder einen außer Gefecht gesetzt. Mittags schwerstes Artilleriefeuer, dann erscheinen die Bomber. Unsere Verluste an Fahrzeugen sind beträchtlich, viele verbrannt. Ein schwerer russischer Panzer bricht durch unsere vorderste Stellung und zerquetscht mit der rechten Kette einen Munitionskasten und meine Feldflasche. Die Wand unseres Loches wird eingedrückt. 5-cm-Pak protzt auf und will hinter dem Panzer herfahren, Krise gemeistert. Feindlicher Panzer bleibt im Morast stehen und wird mit einem Kanister Sprit in die Luft gejagt. Der Rest des Dorfes Iwanowskoje ist ein Trümmerhaufen.''

17. Juli 1941: „In aller Frühe Ablösung. Beziehen nun eine Reservestellung nördlich der Straße im Walde unweit der Brücke. Können uns bis 15.00 Uhr schlafen legen. Buddeln im Wald Löcher gegen Artilleriefeuer, das nachmittags heftig einsetzt. Fahrzeuge der 3. Kompanie brennen. Mit Einbruch der Dunkelheit greifen die betrunkenen Werkschutzleute aus Leningrad mit lautem Hurräh-Gebrüll an. Ununterbrochen hämmern die schweren Maschinengewehre. Es heißt, daß die 114er nun angekommen sind und uns helfen. Unter ungeheuren feindlichen Verlusten wird der Angriff abgeschlagen. Dennoch, die Lage ist sehr ernst und verworren. Wie freut sich der Bataillonskommandeur, als wir ihm melden können, daß Schützenpanzerwagen der Pioniere in den Brückenkopf hineinfahren. Nachts 1.00 Uhr bilden wir einen Igel um den Bataillonsstab, während unsere Fahrzeuge über die Brücke nach hinten gezogen werden. Das wüste Geschieße läßt nun etwas nach."

Wie der Brückenkopf der 1. Panzerdivision bei Sabsk, der am 15. Juli eingenommen wurde, war auch der Brückenkopf bei Porietje viel zu klein für einen längeren Aufenthalt. Da die Kampfgruppe Raus noch bis zu einem 3 km weit von beiden Brücken entfernten Stausee vorgestoßen war, um durch ihn einen Flankenschutz zu haben, konnte sie bis dorthin rechts und links der Straße nur etwa 500 m nach beiden Seiten Sicherungen aufbauen. Mehr erlaubten die Kräfte nicht. Dieser schwierig zu verteidigende Schlauch hatte aber den Vorteil, daß er immer nur entweder von Ost oder von West angegriffen werden konnte, wenn sich die Russen mit ihrer reichlich eingesetzten Artillerie nicht selbst treffen wollten. Für die Kampfgruppe war es wichtig, den Ort Iwanowskoje am Rande des Stausees zu verteidigen und die beiden Lugabrücken unbedingt zu halten. Die Zwischenräume konnten beweglich verteidigt werden. Panzerabteilung 65 und 8. Kompanie des Schützenregiments 114 dienten als Eingreifreserve, während die Masse des Schützenregiments 4 vorn eingesetzt war. Feindliche Panzerangriffe waren nur auf der Straße möglich. [121]

Oberst von Waldenfels war Brückenkopfkommandant. Er mußte am 16. Juli auch die letzten Reserven einsetzen, um Herr der Lage zu bleiben. Der Ort Jurki wurde aufgegeben. Bei diesen Kämpfen fielen u. a. der Kommandeur vom I./S.R. 4, Hauptmann Schmidt und der Batteriechef der 4./A.R. 76, Oberleutnant Hansmann. Auch die Panzerabteilung 65 hatte schmerzliche Verluste. Die Panzerwarte hatten viel zu tun, um die beschädigten Panzer rechtzeitig einsatzbereit zu melden. Jeder Soldat zeigte ein Höchstmaß an Einsatzbereitschaft. Das Kriegstagebuch Schützenbrigade 6, 15. Juli 1941, nennt besonders Oberleutnant Becke, Chef 3./S.R. 4 und Oberleutnant Koch, Chef 6./S.R. 4 wegen ihrer „hervorragenden Tapferkeit und des beispiellosen Elans." Obwohl das Gros der 6. Panzerdivision auch am 16. Juli noch keine Verbindung mit dem Brückenkopf hatte, gelang es der Abteilung Ib an diesem Tage, einige Fahrzeuge mit Sprit und Munition in den Brückenkopf zu schicken. Allein an diesem Tage wurden 150 000 Schuß Infanteriemunition verschossen. Wegen des Munitionsmangels wurde ernstlich erwogen, Iwanowskoje aufzugeben. Dies wurde aber unterlassen, da dadurch dem Feinde eine wichtige Straße freigegeben worden wäre und ein Rückzug sich demoralisierend auf die Truppe ausgewirkt hätte. Die 6. Panzerdivision hatte vom 22. Juni bis zum Erreichen des Luga-Brückenkopfes 185 Gefallene, 461 Verwundete und 24 Vermißte eingebüßt. In der Zeit vom 15. bis 20. Juli 1941 lauten diese Zahlen 155,406,2. Die 24 Tage im Luga-Brückenkopf sollten mit 252 Gefallenen, 622 Verwundeten und 26 Vermißten höhere Verluste fordern als die vorhergehenden 23 Vormarschtage.

Die Lage besserte sich, als am Abend des 16. Juli das I./I.R. 118 der 36. I.D. (mot.) und die gepanzerte 8./S.R. 114 eintrafen. Auf einer Luga-Brücke wurde der Kommandeur I./I.R. 118, Major Leesekamp, mit seinem Adjutanten tödlich getroffen; der älteste Kompaniechef, Oberleutnant E. A. Walter, übernahm die Führung. Die Männer dieses Bataillons kämpften in vorbildlicher Waffenbrüderschaft mit der Kampfgruppe Raus.

Am Mittag des 17. Juli kommen die ersten deutschen Jäger. Kriegstagebuch Ia: „Ihr Erscheinen ist so unerwartet und die Truppe ist an sofortige Feuereröffnung auf jedes Flugmotorengeräusch so gewöhnt, daß die Flak sofort den Staffelkapitän abschießt. Der Verkehr auf der Vormarschstraße zur Luga läuft im Laufe des Vormittags glatt. Es gelingt, einen Teil der Verwundeten (130) zurückzuschaffen. Der Rest kann auf dem neu in Walowo eingerichteten Hauptverbandplatz betreut werden." Eine kritische Lage entstand am Morgen des 18. Juli, als Einheiten der 2. [122] Opolchenie-Division (Leningrader Werkschutz) die alte Luga-Brücke im Handstreich nehmen konnten, nachdem sie die schwache Sicherung überfallen hatten. Der Versuch, auch die zweite Brücke zu besetzen, schlug fehl. Die alarmbereite Schützenpanzerwagenkompanie schlug die Russen in die Flucht und rieb den Verband bis zum letzten Mann auf.

Diese schlecht ausgebildeten Leningrader Volkswehren erlitten beträchtliche Verluste. Einem englischen Kriegskorrespondenten wurde in Leningrad erklärt, es sei kein Geheimnis, daß der größte Teil der zuerst aufgestellten Divisionen nicht zurückgekehrt sei. Nachdem noch einmal am 20. Juli ein größerer Angriff abgewiesen wurde, traf am Abend dieses Tages die ostpreußische 1. Infanteriedivision im Brückenkopf ein und übernahm die linke Hälfte. Zuerst kam ein Radfahrbataillon, dann auf Kolonnenfahrzeugen des Korps ein verstärktes Infanteriebataillon. Über die Lage orientierte am Nachmittag General Reinhardt. Das Antreten des Korps auf Leningrad sei erst möglich nach Vorziehen der Infanterie bis zum Luga-Abschnitt und Klärung der Verhältnisse an der rechten Flanke der Panzergruppe. Das werde nicht vor dem 25. Juli der Fall sein. Bis dahin sei es Aufgabe der Division, unter möglichster Schonung der eigenen Truppe den Brückenkopf zu halten und die übrige Division wieder aufzufrischen.

Kriegstagebuch Ia, 23. Juli 1941: „Die Nacht verläuft zum ersten Mal ruhig. Im Brückenkopf nur geringes Artilleriefeuer. Keinerlei Angriffe. Nachmittags Besuch des Kommandierenden Generals. Feind vor dem 56. Armeekorps weicht zurück. Weiteres Antreten des eigenen Korps ist auf Befehl der Heeresgruppe bis 27. Juli gesperrt. Grund dazu angeblich die große Lage. General Reinhardt hat längere Eingabe verfaßt, um als spätesten Termin den 27. Juli zu erreichen. Der Truppe wird das ungewohnte Verharren auf derselben Stelle allmählich unverständlich. Trost bietet der Anblick der heranziehenden Infanterie."

Kriegstagebuch Ia, 29. Juli 1941: „Das Partisanenwesen nimmt überhand, wie das bereits nach den Aussagen der roten Funktrupps und verschiedenen von Leningrad durch die Wälder zurückkommenden Dorfbewohnern befürchtet werden mußte. Einzelfahrzeuge, die zum Vieheinholen die Hauptstraße verlassen, werden angefallen. Ein Fahrzeug läuft auf Minen auf. Verluste hierbei in 3 Tagen etwa 35 Mann. 2 Jagdfliegergruppen werden auf den Divisionsflugplatz verlegt. Damit hört jede Fliegertätigkeit des Feindes über dem Unterkunftsbereich der Division auf. Abends einige Lkw Feldpost, auch Zeitungen." Generaloberst Hoepner fährt in den Brückenkopf, in dem bis zu diesem [123] Tage der Divisionskommandeur und der Kommandierende General noch nicht gewesen waren.

„Unsere Division hat in unerhört kühnem Vorstoß auf grundlosen Sandwegen durch dichte Wälder und Sümpfe parallel zur großen Straße Luga-Petersburg die Lugabrücke bei Porietje unversehrt in die Hand bekommen und sofort einen Brückenkopf gebildet", schreibt ein Offizier aus der Kampfgruppe Koll nach Hause. „Stellenweise mußte jedes einzelne Fahrzeug mit Panzern durch den Sand geschleppt werden. Unsere Schützenbataillone bauten Knüppeldämme durch den Sumpf. Es ist schade, daß unser kühner Vorstoß über die Luga nicht sofort durch schnellen Angriff in Richtung Petersburg ausgenutzt werden kann. Aber zunächst mußte Betriebsstoff und Munition, alles auf diesem einen Wege, herangeschafft werden. Von Petersburg sind wir noch 100 km entfernt. Gestern war ich 20 Stunden auf den Beinen, heute waren es 22. Wir sind alle mehr oder weniger erschöpft. Tag für Tag Gluthitze, Staub, Sand und nachts Mücken und anderes Ungeziefer, machen einen fast völlig kaputt. Die Nacht ist sehr hell. In Nordwesten steht eine dichte, dunkelblaue Gewitterwand, aus der es unheimlich wetterleuchtet. Das Gewitter kommt aus Richtung Narwa, der nördlichsten alten deutschen Ordensburg, das etwa 60 km von hier entfernt liegt."

Im Divisionsbefehl vom 29. Juli 1941, 11.00 Uhr heißt es dann: „Mit der Ablösung aus dem Brückenkopf Iwanowskoje haben die Kämpfe um diesen wichtigen Punkt für die Division ein vorläufiges Ende gefunden. Der Befehlshaber der Panzergruppe 4, Generaloberst Hoepner, hat mir seine ganz besondere Anerkennung und seinen Dank für die großen Leistungen der Division in diesen Kämpfen ausgesprochen. Ich gebe dies mit Stolz an alle Truppenteile der Division und die während dieser Zeit unterstellt gewesenen Verbände in der Gewißheit weiter, daß die gebrachten großen Opfer nicht umsonst gewesen sind."

Nach der Ablösung durch die ostpreußische 1. Infanteriedivision schreibt der Gefreite vom Bruch an seine Eltern: „Die Infanterie hat nun nach tagelangen Märschen und großen Anstrengungen unsere Stellungen erreicht und wir hoffen alle, daß es bald weiter geht. In der Luga, einem Fluß etwa wie die Ruhr, baden wir unbekümmert. Es ist ein ganz eigenartiger Krieg. Feste Fronten gibt es nicht, von allen Seiten kann der Feind kommen."

Am Samstag, 2. August 1941, notiert Gefreiter vom Bruch: „Für den heutigen Morgen ist ein Feldgottesdienst angesetzt, den der katholische Feldgeistliche gemeinsam für beide Konfessionen hält. Auf einer abgemähten Wiese hat der Geistliche unter freiem Himmel seinen Feldaltar [124] aufgebaut. Was er sagt, steht über der konfessionellen Bindung und gereicht jedem einzelnen von uns zum Trost. Es hat deshalb auch keinen von uns gereut, daß er mit dahin mußte. Es lag eine feierliche Stille über dem sommerlich grünen und doch so arg verwüsteten Land, als der wundervolle Choral ertönte: ,Ich bete an die Macht der Liebe'." In diesen Ruhetagen wurden drei Ritterkreuze an Divisionsangehörige verliehen, an Leutnant Populo, 7. Kompanie des Schützenregiments 4, an Oberst Koll, Kommandeur des Panzerregiments 11, und an Hauptmann Stern, 3. Kompanie des Panzerregiments 11. Im Ehrenblatt des Heeres wurden Major Dr. Aschoff, Kommandeur der IL Abteilung des Artillerieregiments 76, und Oberleutnant Ritgen, Panzerregiment 11, genannt. Das Panzerregiment 11 legte seine drei Abteilungen zu zwei Abteilungen zusammen, um die technischen Ausfälle und Verluste durch Feindeinwirkung auszugleichen.

Das 41. Panzerkorps meldete an die Heeresgruppe Nord: „50 % Materialverluste, etwa 25 % der Panzer in Reparatur. Panzerdivision je etwa 1000 Mann verloren." Die Gesamtverluste der Panzergruppe 4 erscheinen Feldmarschall von Leeb (Tagebuchnotiz, 27. Juli 1941) „doch recht erheblich. Die Kampfkraft scheint mir erheblich gemindert zu sein. Wenn 41. Armeekorps Brückenkopf erweiterte, könnte es sich in dem nur zwei Tage halten, dann müßte es weiter angreifen. Da dies aber nur im Zusammenhang mit dem Gesamtangriff möglich ist, muß eben das 41. Armeekorps warten, bis der allgemeine Angriff möglich ist."

Am 30. Juli ist der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Feldmarschall Keitel, bei Leeb: „Führer will als erstes Ziel Leningrad abschließen, dann Donezgebiet. Erst in zweiter Linie kommt Moskau. Heeresgruppe Nord soll Fliegerkorps VIII bekommen. Führer beschäftigt sich dauernd mit Einzelheiten, ist sehr nervös." (Leeb-Tagebuch) Am nächsten Tag, 31. Juli 1941, trifft morgens eine neue Weisung vom Oberkommando des Heeres bei der Heeresgruppe ein: „Ziel Heeresgruppe Mitte bleibt Moskau . .. Aufgabe Heeresgruppe Nord eingeschränkt: soll Raum Leningrad abschließen , im übrigen nach Osten eine Defensivflanke bilden" (Leeb-Tagebuch).

Am 2. August 1941 besucht der Oberbefehlshaber des Heeres die Heeresgruppe Nord. Zu der Besprechung mit von Brauchitsch bei Leeb wird auch Hoepner hinzugezogen. Feldmarschall von Brauchitsch gibt jetzt die Panzergruppe 4 zur neuen Verwendung frei. Generaloberst Halder notiert an diesem Abend: „Heeresgruppe Nord. Oberbefehlshaber des Heeres war zur Besprechung dort. Der letzte Rest von Klarheit scheint mir [125] nun endgültig beseitigt zu sein. Im Angriff hat die Heeresgruppe keine Fortschritte gemacht."

Am 3. August wird die 6. Panzerdivision wieder in der Luga-Brückenkopf vorgezogen. Der Gegner schießt, auch mit Eisenbahngeschützen, Störungsfeuer.

Am 6. August 1941 notiert Leeb: „Mit Jagdschutz (zwei Jäger) zu General Reinhardt, 41. Armeekorps bei Katkowo am Dorgoje-See: bedauert lebhaft, daß er seinerzeit hat nicht weiter angreifen dürfen, hat kaum Feind vor sich gehabt. Jetzt ist Feind stark nach der Tiefe eingegraben, Angriff wird schwierig. Zwei Angriffsspitzen bei Ssabsk und Porietje über die Luga. Gelände dazwischen soll von der 36. Infanteriedivision (mot.) aufgeräumt werden. Panzer zunächst nicht verwendbar (im Großen). Erst nach Durchstoßen des Waldgürtels freieres Gelände. Reinhardt hofft trotzdem auf Erfolg. Bittet dringend um Sturzkampfbomber. - Oberkommando der Wehrmacht gibt in drei Sondermeldungen bisherige Ergebnisse bekannt, nennt dabei die Namen der Heeresgruppen-, Armee- und Panzergruppenführer. Man kann nur annehmen, daß politische Gründe zu dieser Entschleierung Anlaß gegeben haben. - Ich habe General Reinhardt meine besondere Anerkennung für die bisherigen Leistungen des 41. Korps ausgesprochen. Ich habe ihm auseinandergesetzt, warum er den Angriff über die Luga nicht fortsetzen konnte, sondern angehalten werden mußte: Weil er allein auf weiter Flur war und das 56. Korps (Manstein) sogar zurückgenommen werden mußte. - In der heutigen Rundfunksondermeldung heißt es, daß Heeresgruppe Nord nach... Norden eingeschwenkt ist, um gegen Leningrad anzugreifen. Der Gegner braucht sich keinesfalls mehr zu bemühen, herauszubekommen, was wir in den letzten vierzehn Tagen hier getan haben; er weiß es nun aus sicherer Quelle."

Der 8. August sollte nun Angriffstag auch für die 6. Panzerdivision werden. Am Tage vorher stellt sich heraus, daß wegen des schlechten Wetters der Einsatz des Fliegerkorps VIII fraglich sei. Aber Generaloberst Hoepner will unbedingt am 8. August angreifen, vor allem beim 41. Armeekorps, da dort in den Brückenköpfen die Masse der Angriffstruppen bereit stünde. Der Angriff mißlang. Als Gründe für diesen Mißerfolg nennt Graf Kielmansegg: „1. Die Stärke des Ausbaus der russischen Stellung, der in solchem Ausmaß nicht von uns erwartet und erkannt worden war und dessen Schwerpunkt im Abschnitt der Division lag. Mehrere Panzergräben, Hindernisse aller Art, ungezählte Minen, Bunker aus dickem Holz oder Beton, oft bestückt mit kleinkalibrigen automatischen Kanonen, untereinander durch Stacheldraht verbunden, machten diese Linie [126] im Sumpfwald zu einer stärkeren Stellung als die sogenannte Stalinlinie. Die Stellung wurde jedoch schon vor Ausbruch des Krieges ausgebaut, wie die Bevölkerung uns später mitteilte.

2.   Der Feind war sich über die Bedeutung der Kämpfe vollkommen im klaren. Der Division standen zum Teil neu aus Leningrader Zivilisten aufgestellte Truppen gegenüber, die mangelnde Ausbildung durch desto größere Verbissenheit ausglichen.

3.   Das taktische Mißlingen des Angriffs der Division am 8. August ist in erster Linie darin zu suchen, daß der Gegner, wie sich später herausstellte, beabsichtigte, am selben Tage in den Nachmittagsstunden gegen den Abschnitt der Division einen schweren Angriff zu führen. Er hatte sich in der Nacht vom 7. zum 8. August artilleristisch und infanteristisch besonders stark gemacht und Umgruppierungen vorgenommen, die der Divisionsführung am 8. August früh noch nicht bekannt sein konnten. Daher entsprach der Ansatz der Division nicht mehr voll der gegebenen Lage. Schwerpunkt traf nun auf Schwerpunkt. Der Schock durch Rückschlag und durch nicht unerhebliche Verluste war fühlbar. Größere Umgruppierungen waren erforderlich. Deshalb glaubte die Division ihren Angriff erst am 11. August fortsetzen zu können. Sie setzte sich damit nur sehr schwer beim Korps durch, das die von den anderen Divisionen errungenen Erfolge ausnutzen wollte. Sowohl die 1. Panzerdivision und 36. Infanteriedivision (mot.) bei Ssabsk als auch die 1. Infanteriedivision bei Leninski hatten die ersten feindlichen Stellungen durchbrechen können und waren etwa 3 km vorangekommen."

Das 41. Armeekorps stand unter Druck Generaloberst Hoepners, der mit Halder der Meinung war: „Reinhardt ist nun angetreten und er kann daher nicht wieder stehen bleiben, ohne Schaden zu nehmen", wie Halder am 8. August 1941 notiert. Der Generalstabschef des Heeres meinte an diesem Tage auch, daß es nun sei wie im zweiten Akt des Westfeldzuges, - mit starken Verteidigungslinien, die erst durchbrochen werden müssen. Über Hitler notiert er am 8. August 1941: „Der Führer hat trotz seiner gesundheitlichen Unpäßlichkeit dem Oberbefehlshaber des Heeres genaueste Anweisung gegeben, wie er die Fliegerkampfkräfte (VIII. Fliegerkorps und Luftflotte 1) eingesetzt wissen will, nämlich so, daß sie zunächst in Richtung Nowgorod eingesetzt werden, und der Angriff Reinhardt erst später, zeitlich gestaffelt, geführt werden soll, damit die zusammengefaßten Luftstreitkräfte dann diesem Flügel helfen können." Der Angriff wird am 11. August bei strömendem Regen wiederholt. Der Feind wird aus seinen starken Feldbefestigungen geworfen. Um 11.00 Uhr ist das befohlene Ziel erreicht. Es ist gelungen, in dem Wald- und [127] Kusselgelände eine Lücke in der feindlichen Verteidigung zu finden, die nun auch die Panzer durchstoßen.

Am 14. August 1941 heißt es in einem Bericht: „Wir atmen auf, seitdem wir nun vor uns das freie, leicht gewellte Land haben. 8,8-Flak der 1. Panzerdivision hat uns gestern beim Durchbruch geholfen, die 8 Sowjetpanzer vernichtet, von denen wir im Rücken angegriffen wurden." 15. August 1941: „Wir fühlen immer mehr die unglaubliche Härte des Kampfes um Leningrad."

Hierzu Kriegstagebuch Ia: „13. August 1941: Die Stimmung bei der Division ist zuversichtlich. Der Chef des Stabes des Korps stellt mit Glückwunsch fest, daß die Division als erste diesen Erfolg, nämlich als erste die Bahnlinie Kingisepp-Leningrad bezwungen zu haben, errungen hat. Der Kommandierende General spricht der Division seine Anerkennung aus. 23.30 Uhr Korps-Funkvorbefehl. Er bringt erfreulicherweise die Nachricht, daß das neue Antreten frühestens um 9.00 Uhr des nächsten Tages erfolgt. Damit haben wir kurze Zeit zur Erfrischung der Truppe, die teilweise seit Tagen nicht warm verpflegt wurde, ungewaschen ist und ohne Schlaf und in noch nicht wieder völlig trockener Kleidung." Aber auch Leeb-Tagebuch vom 13. August 1941: „Das 41. Armeekorps hat nach wie vor schwere Kämpfe, sein langsames Vorgehen ist an sich nicht unvorteilhaft, weil damit für das Herankommen der zwei Divisionen der 18. Armee Zeit gewonnen wird. Wäre das 41. Armeekorps dagegen schon sehr weit vorgekommen, so müßte ich mir die Frage vorlegen, ob das Korps anzuhalten ist; dieser Frage bin ich damit enthoben." Im Divisionsbefehl vom 14. August 1941 heißt es: „In den Kämpfen vom 12. und 13. August hat die Division trotz größter bereits überstandener Anstrengungen befestigte Bunkerstellungen im Raume Lopssi-Wypolsowa von vorher völlig unbekannter Stärke genommen und dabei einen äußerst hartnäckigen Gegner durchbrochen und vollkommen geschlagen, der durch beschleunigt von allen Seiten herangeholten Teilen verstärkt worden war .. . Der große Erfolg des Durchbruchs durch die feindlichen Brückenkopfstellungen hat hiermit seine Krönung gefunden. Nur noch wenig über 100 km trennen die Division von Petersburg! Der Herr Kommandierende General und der Herr Befehlshaber der Panzergruppe haben sofort ihre besonderen Glückwünsche und ihre hohe Anerkennung für die 6. Panzerdivision ausgesprochen. Die zusammenhängende Verteidigungsfront kann als endgültig durchbrochen angesehen werden ... Je weniger man dem Feind durch ständig erneutes scharfes und schnelles Zupacken Zeit läßt, desto schneller wird der Erfolg erreicht werden." Doch es kam weiter zu schwierigen Gefechten, an eine Verfolgung war-[128]nach gelungenem Durchbruch - nicht zu denken, obwohl die Worte „Verfolgung" oder auch nur „Vormarsch" in den Befehlen immer wieder auftauchten. Dafür mußten Waldeingänge erkämpft, Dörfer erstürmt, Sicherungslinien gehalten werden. Die 6. Panzerdivision hatte freilich den Vorzug, rechts und links von Divisionen des Korps begleitet zu werden, sie mußte keine offene Flanke fürchten.

Am 20. August jedoch änderte sich auch dieses. Die beiden rechts von der 6. Panzerdivision sich vorankämpfenden Divisionen, die 1. und die 8. Panzerdivision erhielten Befehl, nach Südosten einzudrehen, um die große Straße Luga - Leningrad von rückwärts zu sperren, dadurch dem von der Front um Luga zurückgehenden Feind den Rückweg zu verlegen. Die 1. Panzerdivision beließ nur einen Sperrverband in der bisherigen Richtung.

Die 6. Panzerdivision bezog eine Abwehrstellung. Am Abend des 20. August war das II. Bataillon des Schützenregiments 114 im Waldgebiet südlich Gorki II untergezogen. In seinem KTB heißt es am 20. August 1941: „Gorki ist ein dreifach gegliedertes Dorf ohne kriegerische Zerstörung mit finnischer Bevölkerung. Die Männer sind zum großen Teil nicht zur Roten Armee eingezogen.

Am Abend findet erstmalig im Feldzug ein geselliges Zusammensein der Offiziere des Bataillons bei dem Herrn Regimentskommandeur in Gorki I statt. Dabei erhält Assistenzarzt Dr. von Marwyck das EKI. Aus den Unterkunftsräumen der Kompanien ertönt Gesang und Musik - ersehnte Ruhe."

Marketenderware konnte endlich ausgegeben werden, über die es am 9. August im Kriegstagebuch Ib noch geheißen hatte: „Nässe, kein Rum, vom Korps für Marketenderware nicht vorgesorgt." Ib kann am 20. August aus der Beute zehn fabrikneue russische 7,6-cm-Geschütze an die beiden Schützenregimenter verteilen. Doch nach 12 Stunden Ruhe marschiert das II. Bataillon des Schützenregiments 114 am 21. August mittags weiter. Die Division hatte sich weiter nach Osten „zu verschieben", um die nach Südosten gestoßenen Divisionen des Korps zu decken. Ic-Nachrichtenblatt vom 23. August 1941: „Vor der Front des Korps werden augenblicklich nur die Teile der seit dem Durchbruch durch die Luga-Stellung angetroffenen Divisionen festgestellt. Diese Gruppen kämpfen vereinzelt noch zäh in der Verteidigung, haben aber, abgesehen vom Raum nörlich Kingisepp, keine Offensivkraft mehr. Südlich Krasnogwardeisk sind solche Restteile in Stärke von etwa 1500 Mann festgestellt. Im feindlichen Brückenkopf Luga 3 1/2 Schützendivisionen und 1 oder 2 Volkswehrdivisionen. Bei diesen starken Feindkräften, die hier zur [129] Abwehr der irrtümlicherweise am rechten Flügel der Panzergruppe 4 erwarteten Offensive eingesetzt wurden, hat sich bis jetzt keine Wirkung der Abschnürung der Straße und Eisenbahnlinie Krasnogwardeisk-Luga durch die 1. und 8. Panzerdivision erkennen lassen. Über die Truppen innerhalb des Befestigungskreises Leningrad besteht kein klares Bild. An den Befestigungsanlagen um Leningrad wird weiterhin auch unter Einsatz von Frauen und Kindern gearbeitet. Zwei Verteidungsgürtel sind klar erkennbar. Der äußere verläuft von Peterhof-Kaperskoje-Wyssozkoje-Nordrand Krasnogwardeisk-Kulpino. Der innere Gürtel Krasnoje Selo—Djetskoje Selo scheint besonders stark ausgebaut zu sein." Am 24. August wird Schützenregiment 114 Korpsreserve. Es muß das I. Bataillon zur Unterstützung der 1. Panzerdivision nach Südosten abgeben, während das II. Bataillon eine Reservestellung bei Luiskowitzy bezieht. Offiziere und Mannschaften suchen erstmals die finnische Sauna auf. Man ist im zum Teil von Finnen bewohnten Ingermanland. Am 26. August 1941 vermerkt das Kriegstagebuch Ib: „Die kalten Nächte lassen die Truppe schon jetzt die Winterkleidung vermissen, die vor dem Ausrücken zum größten Teil befehlsgemäß abgeliefert worden war."

Dem Divisionskommandeur wird ein Wohnwagen mit Heizung zur Verfügung gestellt.

Die Schützen haben ihre Übermäntel, die sie auf den Fahrzeugen mitführten. Aber die Korpspioniere, die neben ihnen sichern, haben nur ihre dünnen Mäntel, in denen sie nachts erbärmlich frieren. Am Sonntag, dem 26. August, wird für das II. Bataillon des Schützenregiments 114, das in Reserve liegt, ein Feldgottesdienst abgehalten. Die Männer sind an einem Waldrand angetreten, die beiden Pfarrer, Professor Schütz und Professor Bross, sprechen für ihre Konfessionen. Es wird der schon mehr als hundert Gefallenen des Bataillons gedacht; gesungen wird das Lied „Vom guten Kameraden". An diesem Tage vermerkt das Kriegstagebuch Ib: „Kälte zwingt in die Häuser."

In den folgenden Tagen besucht Major Graf Stauffenberg vom Oberkommando des Heeres seine alte Division. Ihm wird der große Mangel an schwerer Feldhaubitzenmunition vorgetragen. Es wird von Ib veranlaßt, die Winter-Kraftfahrzeug-Ausrüstung aus Deutsch-Eylau abzuholen. Ein Bekleidungsaustausch muß innerhalb der Division organisiert werden.

Am 3. September übernahm die 6. Panzerdivision den Abschnitt zwischen der 269. Infanteriedivision und der 36. Infanteriedivision (mot.) [130] vor Krasnogwardeisk. Es lagen rechts die Gruppe Linbrunn (Panzeraufklärungsabteilung 57, Kradschützenbataillon 6) mit der SPW-Kompanie 8./S.R. 114 als Reserve, links Schützenregiment 4. Die Kampfgruppe Seckendorff (Schützenregiment 114), die bei der 8. Panzerdivision den Kessel um die aus Luga zurückgehenden russischen Divisionen geschlossen hatte, wurde Divisionsreserve.

Aus ihren Erdlöchern bei Salesie können die Schützen bei gutem Wetter die Kirchtürme und Schornsteine von Krasnogwardeisk sehen, dem Bahnknotenpunkt vor Leningrad, das zaristische Gatschina. Kraniche ziehen nach Süden, es ist regnerisch und kalt.

Den Soldaten ist es jetzt klar, daß dieser Krieg kein Blitzkrieg mehr ist, er wird dauern.

Die Bevölkerung ist nicht mehr, wie noch im Baltikum, freundlich zu ihnen, was sie darauf zurückführen, daß fast alle Dörfer in Brand geschossen werden mußten, bevor sie eingenommen werden konnten. Erinnerungen an den Frankreichfeldzug kommen auf, mit dem aber dieser Feldzug den Soldaten nicht mehr vergleichbar erscheint. Der Russe brach nicht nach den ersten schweren Schlägen, wie der Franzose, in die Knie, er kämpft hier zäh und entschlossen weiter. Sie haben viele russische Soldaten gesehen, die sich mit der Handgranate den Tod gaben statt sich zu ergeben.

Das 41. Panzerkorps hatte am 2. September auf die neue Kampfführung hingewiesen, die jetzt erforderlich wurde: „Bei dem bevorstehenden Angriff handelt es sich um den Kampf um eine starke, seit längerer Zeit vorbereitete befestigte Stellung mit zahlreichen, teilweise auch neuesten Einzelanlagen wie Betonbunkern mit Scharten und auch Panzerkuppeln... Der Kampf ist daher nicht mit geschlossenen, starken Angriffsgruppen, sondern mit besonders hierfür ausgerüsteten und ausgesuchten Sturmtruppen, vor allem Stoßtrupps, zu führen.

Zur Vermeidung unnötiger Menschenverluste sind die Stoßgruppen mit allen verfügbaren, für den Kampf um Bunker geeigneten Angriffsmitteln auszustatten."

Bei der Division, die nun Generalmajor Raus führt, macht man sich keine Illusionen.

Ihr waren von Luftbildaufnahmen die Befestigungen um Krasnogwardeisk bekannt, die zum äußeren Verteidigungsring um Leningrad gehörten.

Die geschwächten Schützenregimenter hatten noch keinen Ersatz bekommen. Relativ hoch waren die Offiziersausfälle gewesen. Der Aus-[131]bruch aus dem Luga-Brückenkopf bis vor Krasnogwardeisk hatte die Division 72 Gefallene, 205 Verwundete und 4 Vermißte gekostet. Jetzt stand ihr, 45 km vor Leningrad, der Einbruch in einige befestigte Stellungen bevor, für die eine Panzerdivision nicht eingesetzt werden sollte, da sie andere Aufgaben hat. Für die Männer der 6. Panzerdivision hieß Leningrad das Ziel, denn der Truppe war unbekannt, daß Leningrad nur eingeschlossen, nicht weggenommen werden sollte. Dies erfuhr der 1 Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, Feldmarschall Ritter von Leeb, am 5. September durch den Wehrmachtadjutanten Hitlers, Oberst Schmundt. Hitler hätte Leningrad zum Nebenkriegsschauplatz bestimmt, worüber der Feldmarschall, der an diesem Tage seinen Geburtstag feierte, erzürnt war. Denn nun mußte er Truppen an die Heeresgruppe Mitte abgeben.

Der für den 6. September vorgesehene Angriff muß verschoben werden. Am 7. September notiert von Leeb: „Zu der Gesamtlage ist zu sagen, daß sowohl das 2. A.K. in Richtung Demjansk wie auch das 39. A.K. in Richtung Schlüsselburg wie das 41. A.K. und 38. A.K. in Richtung auf den äußeren Befestigungsgürtel von Leningrad gut vorwärtsgekommen sind, so daß schon am 9. September 1941 zum Angriff gegen Leningrad angetreten werden kann." Der Feldmarschall sieht noch eine Chance, doch Leningrad zu nehmen, wenn es nur schnell genug vorangeht. Mitte des Monats wird er Divisionen an die Heeresgruppe Mitte abgeben müssen, die Moskau nehmen will.

Die 6. Panzerdivision hatte während des Angriffs auf die Befestigungen von Krasnogwardeisk und die Duderhofer Höhen als rechten Nachbarn die SS-Polizeidivision, von der die Stadt zu nehmen war, als linken Nachbarn die 1. Panzerdivision. Der SS-Polizeidivision gelang es nicht, Krasnogwardeisk zu nehmen. (Als sie in einer Illustrierten mit vielen Bildern gezeigt wurde, spotteten die Landser der 6. Panzerdivision: Nach Krasnogwardeisk kütt se nicht rin, aber in de Illustrierte kütt se rin.) Das Kriegstagebuch la vermerkt über den 9. September 1941: „Angriff wie vorgesehen 9.30 Uhr, nach Vorbereitung durch Feuer der eigenen schweren Artillerie. Er kommt, wie erwartet, voran bei geringer Feindeinwirkung rechts im Abschnitt des Schützenregiments 4 bis zum Panzergraben. Die verstärkte Schützenpanzerwagenkompanie 8 des Schützenregiments 114 entlang der Straße ohne Feindeinwirkung bis vor Salesi. Links Schützenregiment 114 ohne Feindeinwirkung im Walde vorwärts. 10.30 Uhr stehen die vordersten Teile 150 m vor Salesi. Um diese Zeit wird der Division ein Stukaangriff zur Verfügung gestellt, zunächst für 12.30 Uhr, dann aber aus technischen Gründen erst für 14.00 Uhr. Gene-[132]ral Raus nimmt das Angebot an, selbst auf die Gefahr, daß die II./Pz.Rgt. 11 auf Linie E wartend liegen bleiben muß. 11.15 Uhr ist allgemein die Linie B erreicht. In Salesi Kampf. Im rechten Abschnitt kämpft I./S.R. 4 längs des Panzergrabens um dahinter liegende Bunker und gegen leichte Feindpanzer. Die Bunker haben teilweise versenkbare Panzerkuppeln." Hier zeichnete sich Feldwebel Hirsch (gefallen 3. Dezember 1941 vor Moskau) aus. Er erhielt am 18. Oktober 1941 das Ritterkreuz. 14.15 Uhr hatte die Schützenbrigade, unterstützt von Panzerabteilung 65, Salesi genommen.

Kriegstagebuch Ia: „Die SS-Polizeidivision ist um diese Zeit immer noch nicht in Korpikowo fertig geworden. Die Flankenbedrohung rechts hält deshalb nach wie vor an."

Das Höhengelände hinter Salesi wird nicht genommen. Kriegstagebuch Ia, 9. September 1941: „Der Tag hat der Division erhebliche Kämpfe gebracht. Der Grund dafür, daß das Tagesziel nicht erreicht werden konnte, liegt anscheinend in der Tatsache, daß der Angriff des rechten Nachbarn versagte und die erheblichen Feindeinwirkungen aus der rechten Flanke zu viele Kräfte der Division binden mußten. Verluste des Tages über 100 Mann, durchweg im Nahkampf und nicht durch Artillerieein Wirkung entstanden, zeigen die Härte des Kampfes. Zahlreiche Feldbefestigungen, viele Bunker, ein großes Panzerwerk wurden genommen, annähernd 100 Gefangene eingebracht und etwa 700 Minen aufgenommen. Der Division wird für den kommenden Tag zur Verstärkung der schwachen Divisionsartillerie die 4. Batterie des Artillerieregiments 67 und eine 10-cm-Kanonenbatterie 611 unterstellt. Tot: 17, Verwundet: 132. Wetter: Bedeckt; strichweise aufheiternd, Temperatur 14 Grad Celsius." Am 10. September hindert starkes Artilleriefeuer das Antreten der Schützenbrigade auf Repusi und das Höhengelände. Dazu Artilleriefeuer aus dem Raum Krasnogwardeisk. Ein Volltreffer in die Befehlsausgabe bei Schützenregiment 114 tötet den Kommandeur der I. Abteilung des Artillerieregiments 76, Oberstleutnant Wehmeier. Der Regimentskommandeur, Oberstleutnant von Seckendorff, wird schwer verwundet, Oberstleutnant Zollenkopf, Oberleutnant Hauschildt, Leutnant Lusebrink, Leutnant Klagge und Leutnant von Heuß werden verwundet. „Damit ist die Zahl der Ausfälle im Ostfeldzug auf 3800 gestiegen", hält das Kriegstagebuch Ia fest.

Da Oberstleutnant Zollenkopf Regimentsführer wurde, übernimmt Hauptmann Fanelsa von der Panzeraufklärungsabteilung das I. Bataillon des Schützenregiments 114. Die Division verlor in den folgenden 7 Kampftagen noch etwa 500 Mann. [133] Es kann festgestellt werden, daß - bei einer Kampfstärke der Division von etwa 9000 Mann - der Feldzug bis Leningrad fast die Hälfte der kämpfenden Truppe kostete.

„9.30 Uhr fährt der Divisionskommandeur nach vorn. Er stellt fest, daß das Kradschützenbataillon 6 zu schwach ist, um Selino anzugreifen. IL Abteilung des Panzerregiments 11 kann durch das Bachgelände nicht hindurch. Sie wird in Richtung Pudoski angesetzt, um von dort aus rechts umfassend in das Höhengelände zu stoßen. Schützenregiment 4 erhält den Befehl, von Salesi aus nach Südosten die stark besetzten Höhen anzugreifen. Für den eigentlichen Stoß bleibt also nur das verstärkte Schützenregiment 114 und die vorwärts gestaffelte Panzerabteilung 65." Nach einem Stukaangriff um 10.00 Uhr gelingt es, Mal.Resino und das brennende Bol.Resino zu nehmen. Am Nachmittag wird, nach einem Feuerschlag der Artillerie, die Ischorah überwunden, nachdem die Brücke unversehrt in Besitz genommen wurde. Stoßtrupps knacken zehn Bunker. Schützenregiment 114 hat bis 19.30 Uhr einen Brückenkopf von etwa 600 m Durchmesser gebildet. Viele Minen werden aufgenommen, Gegenangriffe, auch eine Kavallerieattacke, abgeschlagen. Der Brückenkopf wird verstärkt. Die II. Abteilung des Panzerregiments 11 löst dort die geschwächte Panzerabteilung 65 ab. Die I. Abteilung des Panzerregiments 11 hat, beim linken Nachbarn eingesetzt, am Abend den See von Duderhof erreicht. Beim rechten Nachbarn, der SS-Polizeidivision, ist die Lage unverändert. Sie liegt noch immer vor Krasnogwardeisk fest. Der Division kostet der Tag 26 Gefallene und 105 Verwundete. Auch am nächsten Tag sind die Verluste ähnlich hoch: 24 Gefallene und 120 Verwundete.

Am Morgen des 11. September 1941, 7.00 Uhr, greifen 32 Stukas den Feind vor der Division an.

Kriegstagebuch Ia: „In dem klaren, sonnigen Herbstwetter ein wundervoller Anblick. Bereits 7.00 Uhr bietet sich das rührige VIII. Fliegerkorps für 10.30 Uhr zu einem neuen Stukaangriff an." Kurz nach 11.00 Uhr hat die Division die Eisenbahnlinie Krasnogwardeisk-Krassnoje Selo erreicht.

Kriegstagebuch Ia: „11.10 Uhr neuer Stukaangriff. Die Truppe geht zügig weiter vor, ungeachtet dessen, daß der Feind vom Nordostrand Krasnogwardeisk auf Bol.Resino angreift." Hier wehrt die Gruppe Linbrunn den Gegner ab.

Am Nachmittag bleibt der Angriff vor der russischen Befestigungslinie liegen. Am Abend bezieht der Bataillonsstab des II./S.R. 114 seinen Gefechts-[134]stand in einem großen Bunker mit elektrischer Lichtanlage an der Bahnlinie nach Leningrad. Die Schwenkung nach rechts, die von der Division durchgeführt wurde, diente der Unterstützung der SS-Polizeidivision vor Krasnogwardeisk, das aber erst am 13. September vom 50. Armeekorps genommen werden konnte.

Am Tage vor diesem Angriff, am 10. September, hatte Generalfeldmarschall von Leeb dem Generaloberst Hoepner mitgeteilt, daß „er leider mit dem 41. Panzerkorps nur noch eine bemessene Zeit bei der Heeresgruppe Nord bleiben werde. Es ist dabei besonders notwendig, daß das 50. Korps noch vorwärts gebracht wird, am raschesten dadurch, daß Krasnogwardeisk von Norden angegriffen wird." (Kriegstagebuch von Leeb). Dies ergab den Ansatz der 6. Panzerdivision, die Rechtsschwenkung nach Süden.

Vor Leningrad wurde es jetzt „eilig". Kriegstagebuch von Leeb, 11. September 1941: „Es ist eine besonders zeitlich außerordentliche Spannung eingetreten, da vom Oberkommando des Heeres die Abgabe von sieben schnellen Verbänden vom 15. September an verlangt wird. Gelingt es nicht, rechtzeitig Krasnogwardeisk wegzunehmen und damit das 50. Armeekorps mit seinen zwei Infanteriedivisionen vorwärts zu bringen, so stünden gar keine Kräfte zu Verfügung, um das gut vorangekommene 41. Armeekorps durch Infanterie, etwa durch Teile der 58. Infanteriedivision, die aber durchaus nicht ausreichten, abzulösen. Es bliebe gar nichts anderes übrig, als die Panzergruppe 4 wieder zurückzunehmen und dann durch Infanterie ablösen zu lassen. Das würde einer verlorenen Schlacht gleichkommen... Die angespannte Lage hat sich im Laufe des Tages gemildert. Eine Entspannung ist weiterhin dadurch eingetreten, daß es der 269. Infanteriedivision gelungen ist, an den Südostrand von Krasnogwardeisk heranzukommen, und die 6. Panzerdivision Boden nach Osten nördlich des äußeren Leningrader Befestigungsgürtels bis hin zur Straße Krasnogwardeisk-Krasnoje Selo gewonnen hat." Am 12. September 1941 notiert von Leeb: „1. Panzerdivision und 36. Infanteriedivision (mot.) sind sehr weit vorgestoßen, bis zur Straße Djetzkoje Selo, Peterhof. Dieser Erfolg kann jedoch nicht ausgenutzt werden, da ja die Divisionen abgegeben werden. Sie müssen in ihrem weiteren Vormarsch Richtung Leningrad angehalten werden."

Den Oberbefehl über die Leningrader Front hatte Marschall Schukow am 10. September übernommen. Er war am 9. September in die belagerte Stadt geflogen und schrieb später: „Damals machten die Leningrader wirklich schwere Tage durch. Im Smolny, dem Stabsquartier der Front, erfuhren wir, daß man Maßnahmen diskutierte, die ergriffen werden soll-[135]ten, falls Leningrad nicht mehr zu halten sei. Diese Maßnahmen sahen die Zerstörung der wichtigsten militärischen Objekte vor. Jetzt, ein Vierteljahrhundert später, scheinen diese Pläne unglaublich. Aber damals? Damals war Leningrad, die Wiege der Oktoberrevolution, in äußerster Gefahr; auf Leben und Tod wurde um die Stadt gekämpft. Nach einer kurzen Aussprache mit K. J. Woroschilow, A. A. Schdanow, A. A. Kuznezow und anderen Mitgliedern des Militärrats beschlossen wir, die Sitzung zu schließen und die Anwesenden darauf hinzuweisen, daß vorläufig nichts für eine Übergabe der Stadt unternommen werden sollte. Wir wollten Leningrad bis zum letzten Mann verteidigen."

Schukow, der Woroschilow ablöste, läßt hier durchblicken, daß in dieser Sitzung des Militärrats, an der die Befehlshaber und Chefs aller Waffengattungen der Front, der Oberbefehlshaber der Baltischen Flotte und die Direktoren der wichtigsten staatlichen Betriebe teilnahmen, von der „Übergabe Leningrads" gesprochen wurde.

Dieser Militärrat war gegen den Willen Stalins gebildet worden, der ihn am 12. Oktober 1941 auflösen ließ. Stalin war jedoch an diesem 9. September 1941 nicht davon überzeugt, daß Leningrad gehalten werden konnte.

„Am Tage meiner Ankunft unternahmen die deutschen Truppen besonders heftige Angriffe an dem Abschnitt, den die 42. Armee verteidigte", schreibt Schukow. Den Gefechtsstand der 42. Armee nahm die 6. Panzerdivision am 13. September, vier Tage später. „Der Feind war mit Panzern in Urizk eingebrochen, stürmte immer wieder die Höhen von Pulkowo und griff im Raum Puschkin und Kolpino an. Die deutschen Truppen wurden durch wuchtige Angriffe von Bombern und schwerer Artillerie unterstützt. An der Karelischen Landenge war es ruhiger. Die finnischen Truppen feuerten nur ab und zu." Deshalb befahl Schukow am 10. September, einen Teil der Kräfte der 23. Armee von der Karelischen Landenge zur 42. Armee zu verlegen, um die Verteidigung von Urizk zu verstärken. Außerdem ordnete er an, daß fünf bis sechs selbständige Schützenbrigaden aus den Militärschulen von Leningrad, aus Einheiten der Flotte und des Volkskommissariats des Innern innerhalb von sechs bis acht Tagen gebildet würden.

Der Fall Leningrads stand auf des Messers Schneide, als die 6. Panzerdivision am 14. September ihre vordersten Linien vor Puschkin hatte und auf den Befehl wartete, nach Leningrad hineinstoßen zu dürfen.

Kriegstagebuch Ib: „Von den Höhen von Duderhof bietet sich ein überwältigender Rundblick auf das gesamte Schlachtfeld von Petersburg, auf [136] die Stadt selbst, auf Kronstadt und die Kronstädter Bucht. Die Kapelle Panzerregiment 11 spielt zu Generals Geburtstag in Siverskaja." Im Kriegstagebuch des II. Bataillons des Schützenregiments 114 heißt es an diesem 14. September 1941: „Die Seele des immer wieder neu ansetzenden Widerstandes des Gegners ist ein Korpsgeneral, der nach dem Kampf vor dem Abschnitt der 9. Kompanie tot aufgefunden wird. Gegen 13.00 Uhr macht der Gegner einen letzten Durchbruchs versuch. Mit 20 Panzern und dahinter vorgehenden Schützen rennt er gegen die Stellung des Bataillons an. Schon beim Angriff werden die Schützen durch zusammengefaßtes Feuer verjagt. Hauptmann Quentin fordert unverzüglich Pak an. Mit der herbeikommenden 8,8-Flak wird der russische Panzerangriff vollständig zurückgeschlagen. Am Spätnachmittag stößt eine Panzerabteilung der 1. Panzerdivision auf Katlino vor und erledigt den Rest der Feindpanzer. Bataillon sichert den Raum von Pendelowo." Kriegstagebuch Ia, 14. September 1941: „II. Bataillon des Schützenregiments 4 meldet 16.00 Uhr die Einnahme des Höhengeländes von Konolowo. Hier werden die stärksten, umfangreichsten Befestigungslinien des bisher durchstoßenen Gebietes festgestellt. Feindberührung besteht bei der Division an keiner Stelle mehr. Um 22.30 Uhr fernmündlicher Korpsbefehl: Division geht zur Ruhe über, bleibt Korpsreserve und hält sich bereit, hinter der wieder angreifenden 1. Panzerdivision vorzugehen. Tot: 3; verwundet: 13." Graf Kielsmansegg schreibt über den 14. September 1941: „Die Division erreichte mit ihrer vordersten Linie die Schanzen von Pulkowo und bei Puschkin (Zarskoje Selo). Die Truppe hat nach Abwehr eines starken russischen Gegenangriffes mit Panzern etwa auf dem Gelände des dort befindlichen Flugplatzes den sicheren Eindruck, daß der feindliche Widerstand außerhalb der Stadt gebrochen ist. Eine Fortsetzung des Angriffs hätte, zum mindesten im Bereich der Division, bis in die Stadt geführt. Es wird jedoch, offenbar auf höhere Weisung, die Einstellung des Angriffs befohlen, eine Maßnahme, die kein Mensch versteht."

 

Marschall Schukow bemerkt hierzu: „Es gab äußerst schwere Augenblikke, besonders als der Feind die Höhen von Pulkowo und Urizk eroberte und mit einzelnen Panzergruppen bis zur Fleischfabrik vorstieß. Jeden Moment schien das Unvorstellbare, das jeder von uns insgeheim so sehr befürchtete, geschehen zu wollen."

Am gleichen Tag, Sonntag, 14. September 1941, schreibt von Leeb ins Tagebuch: „Ich war mittags bei der Panzergruppe 4 und habe dort vom Chef des Generalstabes erfahren, daß entgegen der bisherigen Auffassung der Panzergruppe, daß zwischen dem 41. Armeekorps und Lenin-[137]grad kaum noch Feind sei, Pulkowo nunmehr als festungsartig ausgebaut und stark besetzt gemeldet wird. Der weitere Angriff des 41. Armeekorps über Pulkowo bis zur engeren Einschließungslinie, wie gestern befohlen, müßte demnach zu starken Opfern bei dem 41. A.K. führen. Damit solche aber vermieden werden und das 41. A.K. möglichst intakt abgegeben wird, wie das auch verfügt ist, mußte angeordnet werden, daß es zunächst bei der weiten Einschließungslinie bleibt."

Die 6. Panzerdivision sollte am 17. September abmarschieren. Ihre Artillerie blieb, als sie am 15. September, zwanzig Kilometer vor Leningrad, herausgezogen wurde, noch in Stellung. Als am 16. September auch die Artillerie wieder bei der Division ist, sind ihre Bewegungen vor Leningrad beendet. In 86 Tagen war sie von der ostpreußischen Grenze bis unmittelbar vor Leningrad marschiert. Der letzte Divisionsgefechtsstand hier war Titwinky hart westlich Taizy.

Am 17. September 1941 hieß es in einem Tagesbefehl des verstärkten 41. Armeekorps: „Wochenlang ist Petersburg das Ziel gewesen, dem all unser Streben und die ganze Kraft unseres Einsatzes gegolten hat. Mehrmals haben wir in unserem Vorgehen Sturmbock in unserer Heeresgruppe sein und allen anderen voran den Weg bahnen können, der gekrönt worden ist mit dem Durchbruch durch die starken Befestigungen vor Petersburg und die Erstürmung der beherrschenden Höhen vor dieser Stadt. Ich weiß, wie schwer der Weg bis hierher gewesen ist. Die Gräber an unseren Vormarschstraßen sprechen eine ernste Sprache. Über diese Opfer hinweg, über Entbehrungen und größte Anstrengungen hat jeder einzelne Angehörige des Korps sein Bestes getan, alle Erfolge zu erringen, die uns bis vor die Tore von Petersburg gelangen ließen . . . Wenn wir heute kehrtmachen, ohne die Erstürmung von Petersburg selbst zu Ende führen zu dürfen, so wollen wir dies tun in dem stolzen Bewußtsein, daß, wenn später einmal die Einnahme der Stadt verkündet wird, das von uns begonnene Werk nur seine letzte Vollendung findet und wir hervorragenden Anteil an diesem Siege haben."

General Reinhardts Nachruf auf den Verzicht, Leningrad zu nehmen, als es am schwächsten war und als dies auch von der sowjetischen Seite durchaus für möglich gehalten wurde, ging noch optimistisch davon aus, daß die Stadt doch einmal genommen werden würde. Doch Leningrad hielt die Belagerung der folgenden Monate und Jahre unter größten Opfern aus. Als die 6. Panzerdivision am 17. und 18. September 1941 von Taizy abrückte, erhielt sie - vorübergehend aus Tarnungsgründen - statt der beiden liegenden Kreuze als Divisionszeichen ein Beil. Zuerst sollte Luga erreicht werden.

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